Menge Streit hinter den Kulissen des EU-Ost-Gipfels "Erfreulich harmonisch"

BRÜSSEL · Eines ist beim vierten EU-Ostpartnerschaftsgipfel zumindest gelungen: den äußeren Schein zu wahren. "Die Beratungen verlaufen erfreulich harmonisch", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern in Riga, wo die Staats- und Regierungschefs ihre am Donnerstag begonnenen Gespräche wieder aufnahmen.

 Wahrten den Schein: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der griechische Premierminister Alexis Tsipras.

Wahrten den Schein: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der griechische Premierminister Alexis Tsipras.

Foto: AP

Ratspräsident Donald Tusk bemühte sich ebenfalls, das Bild eines Treffens im Einklang zu zeichnen: "Alles um uns herum hat sich verändert", sagte der Pole mit Blick auf die Ukraine-Krise und die Spannungen mit Russland, "aber zwischen uns hat sich nichts geändert". Von Einigkeit mit den Partnerländern Georgien, Moldau, der Ukraine, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland kann aber keine Rede sein. Denn vor und hinter den Kulissen sprühten die Funken.

Armenien und Aserbaidschan sorgten mit ihrer Ankündigung, eine Verurteilung der Krim-Annexion aus Rücksicht auf Russland nicht mittragen zu können, für heftige Diskussionen. Merkel hatte bei einem Treffen am Donnerstagabend mit Serzh Sargsyan, dem Präsidenten von Armenien, dessen Bedenken auszuräumen versucht. Gestern Mittag wurde es den Worten von Tusks Sprecher Preben Aamann zufolge aber noch einmal "ziemlich dramatisch".

Offensichtlich stellte sich nun Aserbaidschan gegen die vorbereitete gemeinsame Erklärung, die Beratungen wurden unterbrochen. Der Grund: Das Papier enthielt einen Verweis auf den anhaltenden Gebietskonflikt um Nagorny-Karabach, für den eine Lösung gefunden werden soll. Sowohl Armenien als auch Aserbaidschan erheben Ansprüche auf die Grenzregion. Es blieb schließlich bei dem Verweis - auch wenn beide Länder ankündigten, daraus ihre eigenen Schlüsse zu ziehen.

Auch für die Ukraine-Krise und die Annexion der Krim fand sich keine einheitliche Position. Während die EU das Handeln Russlands erneut verurteilte, verwiesen die Ostpartnerschaftsländer lediglich auf eine nicht-bindende Resolution der Vereinten Nationen, die empfiehlt, die Annexion als völkerrechtswidrig zu betrachten. Visafreiheit machte die Union sowohl für Kiew als auch für Tiflis von der Erfüllung der Rahmenbedingungen abhängig - etwa der Bekämpfung von Korruption und Dokumentenfälschung.

Großbritanniens Premier David Cameron dachte offensichtlich, er könnte die Zusammenkunft mit den sechs Partnerländern der Europäischen Union in eine Debatte über eine Reform der Gemeinschaft umkehren. Bei seiner Ankunft verlor der Brite kein Wort über die Ziele des EU-Ostpartnerschaftsgipfels, stattdessen betonte er in aggressiver Wahlkampfrhetorik, er werde die Diskussion um eine Reform beginnen. So fordert Cameron eine Zuwanderungsbeschränkung für Großbritannien - obwohl das Königreich bereits von Ausnahmeregelungen profitiert.

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