Neue Sanktionen für Russland "Einstimmig"

BRÜSSEL · Kein Bruch mit der EU - das sollte die zentrale Botschaft aus Athen am gestrigen Donnerstag sein. Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlamentes und erste ranghohe Gast des neuen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras, brachte sie von seinem Gespräch mit.

 Neu bei den EU-Außenministern: Der griechische Ressortchef Nikos Kotzias. Rechts: Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Neu bei den EU-Außenministern: Der griechische Ressortchef Nikos Kotzias. Rechts: Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Foto: dPA

Doch beruhigen konnte er die Europäer nicht. Denn bei den zeitgleich in Brüssel tagenden Außenministern ging das Verwirrspiel um die Position Athens zu einer gemeinsamen Linie innerhalb der EU weiter.

Zunächst hatte Premier Tsipras betont, Athen habe am Mittwoch gegen einen Brüsseler Entwurf der Strafmaßnahmen gegen Russland nur "wegen des Vorgehens und nicht inhaltlich" protestiert. Der neue griechische Außenminister Nikos Kotzias klang in Brüssel allerdings anders: "Jeder, der denkt, dass Griechenland seine Souveränität und seine aktive Teilnahme an der europäischen Politik wegen der Schulden aufgeben wird, macht einen großen Fehler." Sein Land behalte sich vor, die europäischen Pläne mit einem Veto zu stoppen.

Das allerdings tat der Grieche dann doch nicht. Denn am Abend verständigte man sich - wie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ausdrücklich feststellte "einstimmig" - auf eine Ausweitung der bisherigen Strafmaßnahmen: So sollen weitere Separatisten und ihre Unterstützer mit Kontensperrungen und Einreiseverboten belegt werden.

Außerdem sollen bestehende Strafen gegen Führungskader in Russland, der Ostukraine und der Krim um weitere sechs Monate bis September verlängert werden. Endgültig werden diese aber erst die Staats- und Regierungschefs unterschreiben. Sie kommen am 12. Februar zu einem Gipfeltreffen nach Brüssel.

Doch der Eindruck großer Übereinstimmung täuscht. Bei der Frage, ob das Wirtschaftsembargo ausgeweitet werden soll, schieden sich die Geister. Und das lag offenbar nicht nur an dem Außenminister aus Athen, sonder auch an Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Zypern. "Die Sanktionen haben das Töten nicht beendet", meinte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann zeigte sich ebenfalls skeptisch. "Strafen können einen Friedensplan für die Ukraine nicht ersetzen", meinte er bei einer Begegnung mit seinen Amtskollegen aus der Slowakei und Tschechien. Dagegen betonte der lettische Außenminister Edgar Rinkevics: "Wir als EU müssen den Druck auf alle Parteien aufrechterhalten."

Dass die treibende Kraft für das Blutvergießen in Moskau sitzt, steht für die EU-Außenminister jedenfalls fest. "Es gibt Beweise für anhaltende und wachsende Unterstützung der Separatisten durch Russland, was Russlands Verantwortung unterstreicht", heißt es in der Abschlusserklärung der Außenamtschefs. Zugleich erneuerten die Minister den Aufruf an alle Beteiligten, das Minsker Friedensabkommen umzusetzen.

Um die Lage selbst beurteilen zu können und nicht auf die einseitige Darstellung der beteiligten Parteien angewiesen zu sein, spricht sich die Europäische Union für den Einsatz von Drohnen in den Gebieten aus, die von den prorussischen Separatisten kontrolliert werden. Außerdem sollten internationale Beobachter freien Zugang erhalten.

Tsipras verspricht dem EU-Parlament Lösungen auf "gemeinsamer Grundlage"

Griechenlands neuer Regierungschef hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) gestern davon überzeugen können, dass er keinen Bruch mit der EU anstrebt. "Es gab die Sorge, dass Alexis Tsipras seinem eigenen Weg folgt, aber das ist nicht der Fall", sagte Schulz nach dem Treffen in Athen. "Griechenland sucht Lösungen auf einer gemeinsamen Grundlage mit seinen europäischen Partnern."

Schulz war der erste hohe EU-Repräsentant, der Tsipras nach dessen Ernennung am Montag traf. Tsipras' Linkspartei Syriza hatte die Wahl am Sonntag mit großem Vorsprung gewonnen und mit der rechtspopulistischen Partei Anel eine Koalition gebildet. Die neue Regierung löste mit einer Teilabkehr vom bisherigen Spar- und Reformkurs sowie mit Drohungen, neue Russland-Sanktionen der EU zu blockieren, Befürchtungen einer Spaltung Europas aus.

Für ihre Abkehr von Einsparungen und Reformen hatte die neue griechische Regierung scharfe Warnungen kassiert. Der Kurswechsel Athens dürfe nicht zu Lasten der Bürger in anderen EU-Ländern gehen, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Großinvestor China zeigte sich "sehr beunruhigt" über den Stopp lange vorbereiteter Privatisierungen.

Die neue Regierung unter Führung des linken Ministerpräsidenten Tsipras hatte am Mittwoch die Rücknahme zentraler Reform- und Sparmaßnahmen eingeleitet. Die Häfen von Piräus und Thessaloniki sollen nicht mehr verkauft, Tausende auf Druck der Gläubiger entlassene Beamte wieder eingestellt, der Mindestlohn und die Armenrenten wieder deutlich angehoben werden. afp/dpa/ap

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