Putins Provokation Einreiseverbot für 89 EU-Bürger sorgt für Empörung in Brüssel

MOSKAU · An seinen Aufenthalt auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo hat der CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann keine guten Erinnerungen: Erst ein stundenlanges Verhör, dann nach einer Nacht auf dem Terminal die demonstrative Abschiebung. Bis an den Sitzplatz wurde der Politiker von der Polizei eskortiert.

Die rüde Ausweisung Wellmanns hat einen Skandal zwischen Berlin und Moskau hervorgerufen und den Kreml gezwungen, seine Karten offenzulegen. Denn bislang gab es nur eine Geheimliste. Nun hat das russische Außenministerium der EU-Vertretung in Moskau eine Liste mit 89 Personen übergeben, denen die Einreise nach Russland untersagt ist. Aus russischen Diplomatenkreisen hieß es, das Namensregister sei die "Antwort" auf die Sanktionskampagne der EU.

Tatsächlich hatte Brüssel im Zuge der Krim- und Ostukraine-Krisen gegen 151 Personen und 37 Firmen aus Russland und der Ukraine Restriktionen verhängt. Neben dubiosen Milizenführern wie dem inzwischen getöteten Alexej Mosgowoi oder Arseni Pawlow waren auch ranghohe russische Politiker wie der für Rüstung zuständige Vizepremier Dmitri Rogosin, Parlamentschef Sergej Naryschkin oder die Leiterin des Föderationsrats, Walentina Matwijenko, von dem Bann betroffen.

Schon damals hatte die russische Führung mit einer Reaktion auf die ihren Worten nach "illegalen Maßnahmen der EU" gedroht. Im Gegensatz zum Westen veröffentlichte Moskau seine schwarze Liste allerdings nicht und forderte Ausländer stattdessen auf, vor einem Besuch in Russland eventuelle Einreisebeschränkungen in der Botschaft abzuklären. Im Fall Wellmann versagte die diplomatische Schiene - schließlich hatte der deutsche Außenpolitiker aus Moskau eine Einladung zu Gesprächen über die Ukraine bekommen.

Um solchen Ärger künftig zu vermeiden, hat der Kreml die 89 Personen umfassende "Visasperrliste" nun übergeben. Obwohl Moskau forderte, diese nicht zu veröffentlichen, standen die Namen der Betroffenen kurz darauf in den Medien. Russland kommentierte aber weder die Authentizität der Liste, noch begründete es seine Auswahl, bei der es vor allem baltische und polnische Politiker, aber auch acht Deutsche traf. Dazu gehören die Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit und Rebecca Harms sowie der Vizefraktionschef der CDU/CSU, Michael Fuchs. Auch der CSU-Politiker Bernd Posselt, die Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium, Katrin Suder, und der Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, dürfen demnach nicht mehr einreisen.

Der Unmut in Brüssel ließ nicht lange auf sich warten. Die EU hat die Restriktionen bereits als "völlig unbegründet und ungerechtfertigt" kritisiert. Die Einreiseverbote seien willkürlich getroffen worden und die Entscheidungsgrundlage intransparent, hieß es weiter. Auch Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier nannte die Einreiseverbote "nicht besonders klug". Zur Entspannung in der Ukraine trügen sie sicherlich nicht bei.

Ein Sprecher des Außenministeriums warf den Europäern Stimmungsmache vor. Die Übergabe der Liste habe dazu gedient, den Betroffenen Ärger zu ersparen, betonte er und forderte angesichts der Kritik aus Europa mehr Gelassenheit. Es gebe auch schwarze Listen gegen US-Politiker, "doch in dem Fall verhalten sich unsere amerikanischen Partner konstruktiver als unsere europäischen", sagte er.

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