Beji Caid Essebsi Diener des alten Regimes

MADRID · Alte Männer braucht das Land, scheint das Motto von Beji Caid Essebsi zu lauten. Der Politikveteran, dem gute Chancen zugeschrieben werden, erster demokratisch gewählter Staatschef Tunesiens zu werden, wird am Samstag 88 Jahre alt.

 Beji Caid Essebsi

Beji Caid Essebsi

Foto: dpa

Wenn seine Gegner ihn als Greis und Vertreter des alten Regimes bezeichnen, pflegt er munter zu antworten: "Jugendlichkeit ist eine Sache des Befindens." Er fühle sich zum Bäumeausreißen und in der Lage, das nordafrikanische Land in die Zukunft zu führen.

Essebsi, Chef der antireligiösen Nidaa-Partei, sieht sich nach der ersten Runde der Präsidentenwahl am vergangenen Sonntag als Sieger. Doch sein stärkster Rivale, der 69-jährige Menschenrechtsaktivist und bisherige Übergangspräsident Moncef Marzouki, gibt nicht auf: Marzouki beansprucht ebenfalls, vorne zu liegen. Wie auch immer: Die notwendige absolute Mehrheit hat den Umfragen zufolge wohl keiner der beiden am Sonntag erhalten, so dass eine Stichwahl Ende Dezember wahrscheinlich wird.

Das offizielle Ergebnis dieses ersten Schlagabtausches wird voraussichtlich morgen mitgeteilt. Die Wahlbehörde informierte bisher nur, dass die Beteiligung bei knapp 65 Prozent jener Bürger lag, die sich ins Wahlregister eintragen ließen.

Dort hatten sich allerdings lediglich 5,3 Millionen von mehr als acht Millionen wahlfähigen Tunesiern eingeschrieben. Beobachter schließen daraus, dass das Wahlinteresse eher gering war: Vor allem die junge Generation, welche die Revolution vor knapp vier Jahren getragen hatte, blieb offenbar den Urnen fern. Insgesamt leben in Tunesien elf Millionen Menschen.

Die Präsidentenwahl ist der zweite große Schritt im Demokratisierungsprozess Tunesiens nach dem Sturz des Diktators Zine el Abidine Ben Ali Anfang 2011. Ende Oktober konnten die Tunesier ihr erstes demokratisches Parlament wählen.

Damals siegte Essebsis nichtreligiöse Partei Nidaa Tounes (Ruf Tunesiens) mit 38 Prozent der Stimmen - damit holte Nidaa 86 der 217 Parlamentssitze. Der stärkste politische Gegner, die moderate islamistische Ennahda-Partei, musste sich mit knapp 28 Prozent der Stimmen und 69 Sitzen begnügen.

Ein Ergebnis, das Essebsi in der Hoffnung bestärkte, der neue starke Mann Tunesiens zu werden. Zumal die ebenfalls säkulare Kongresspartei von Übergangspräsident Moncef Marzouki in der Parlamentswahl auf zwei Prozent und vier Mandate abstürzte.

Doch davon lässt sich nur bedingt auf den Ausgang des Präsidentschaftsrennens schließen, da Marzouki die Unterstützung der islamistischen Ennahda hat. Ennahda selbst hatte keinen eigenen Kandidaten für das höchste Staatsamt aufgestellt, um Spannungen zwischen religiösen und säkularen Strömungen im Wüstenstaat nicht zu verschärfen.

Derweil wachsen Befürchtungen, dass Tunesien unter einer Vorherrschaft von Essebsis Nidaa-Partei zu einer autoritären Politik zurückkehren könnte. Der 87-jährige Parteichef und Präsidentschaftsfavorit Essebsi war prominentes Mitglied der alten Regimepartei RCD und gilt nicht als Vorzeigedemokrat.

Vielmehr wird er von seinen Gegnern als Repräsentant der Vergangenheit angesehen, der zunehmend Anhänger der Ben-Ali-Diktatur um sich schart. Er regierte auch schon unter dem Regime des ersten tunesischen Staatspräsidenten Habib Bourguiba als Innenminister mit - und soll damals für Folter verantwortlich gewesen sein.

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