IS-Terror in der Türkei Die USA schicken erstmals Waffen nach Kobane

ISTANBUL · Die kurdischen Verteidiger von Kobane erhalten erstmals direkte Waffenlieferungen der USA und auch Hilfe der Türkei. US-Flugzeuge warfen mehrere Dutzend Ladungen an Waffen, Munition und medizinischen Hilfsgütern über der belagerten nordsyrischen Stadt an der Grenze zur Türkei ab.

Offenbar unter dem Druck ihrer westlichen Verbündeten gab die türkische Regierung unterdessen ihren Widerstand gegen militärische Hilfsmaßnahmen für Kobane auf und erlaubte erstmals den Transfer kurdischer Kämpfer aus dem Nordirak über türkisches Staatsgebiet nach Kobane. Beide Entwicklungen könnten dazu beitragen, die Dschihadisten-Gruppe "Islamischer Staat" (IS) in Kobane zu besiegen.

Der kurdische Kommandeur Redur Xelil in Kobane bedankte sich laut Medienberichten für die US-Aktion und sagte, die Kurden hofften nun auf "mehr". Die von den US-Flugzeugen abgeworfenen Waffen für Kobane stammten aus Beständen der nordirakischen Kurden, die sowohl mit den USA als auch mit der Türkei verbündet sind. Nach einer Meldung der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu handelte es sich um leichte Schusswaffen, also keine Rüstungsgüter, die gegen die Panzer und die Artillerie des IS viel ausrichten können.

Doch die Waffenlieferung unterstreicht die Entschlossenheit der US-Regierung, Kobane zu einer Entscheidungsschlacht gegen den IS zu machen. Wenn die Dschihadisten in Kobane gestoppt werden können, wäre das ein schwerer Rückschlag für die Expansionspläne des Kalifats in Syrien und im Irak.

Mit bisher mehr als 135 Luftangriffen auf die IS-Verbände bei Kobane haben die USA und ihre arabischen Verbündeten den Vormarsch der Dschihadisten zumindest vorerst zum Stillstand gebracht. Mehrere hundert IS-Kämpfer wurden bei den Luftangriffen getötet und Dutzende von Fahrzeugen und Waffen zerstört, wie das US-Militär mitteilte. Laut türkischen Medienberichten flauten die Kämpfe in Kobane am Montag ab. Trotz der Erfolge sei die Gefahr für Kobane aber noch nicht gebannt, erklärte das US-Hauptquartier in Florida: "Kobane kann noch fallen."

Weitere Unterstützung bekommen die Kurden in Kobane nun von kurdischen Peschmerga aus dem Nordirak. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bestätigte gestern kurdische Medienberichte, wonach die Peschmerga über türkisches Staatsgebiet in die eingeschlossene syrische Stadt gelangen. Vorausgegangen war eine entsprechende Bitte der Regierung der nordirakischen Kurdenzone. Türkische Medien berichteten, der Transfer von Waffen und Peschmerga nach Kobane habe bereits begonnen.

Bisher hatte die Türkei diese von den Kurden geforderte "Korridor-Lösung" für den Transport von Verstärkungen für Kobane über ihr Territorium abgelehnt. Aus Sicht von Präsident Recep Tayyip Erdogan kämpft in Kobane eine Terrororganisation gegen eine andere: der IS gegen die syrische Kurdenpartei PYD, einen Ableger der türkisch-kurdischen Rebellengruppe PKK. Hilfe für die Kurden in Kobane ist nach diesem Verständnis also Hilfe für die PKK, die auch im Westen als Terrororganisation eingestuft wird.

Noch kurz vor der US-Waffenlieferung in Kobane hatte Erdogan eine solche Unterstützung für die Kurden durch den Nato-Partner ausdrücklich als "sehr, sehr falsch" bezeichnet. Aber die USA sind offenbar nicht mehr bereit, auf die Türkei Rücksicht zu nehmen. US-Außenminister John Kerry sagte, es wäre verantwortungslos und "moralisch schwierig", den Kurden in Kobane amerikanische Hilfe zu verweigern.

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