Datenspeicherung in den USA Das vorläufige Ende des Ausspähens

WASHINGTON · Der amerikanische Geheimdienst NSA darf seit Montag nicht mehr unbegrenzt und anlasslos im Inland zur Terror-Vorbeugung millionenfach Telefon-Daten speichern.

 Wünscht sich weniger staatliche Einmischung: der republikanische Senator Rand Paul (Mitte).

Wünscht sich weniger staatliche Einmischung: der republikanische Senator Rand Paul (Mitte).

Foto: dpa

In einer Sondersitzung des Senates in der Nacht zu Montag scheiterte die tief zerstrittene republikanische Mehrheitspartei der Republikaner dabei, eine Einigung über eine Reform des "Patriot Acts" zu erzielen. Damit ist die nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001 verabschiedete Rechtsgrundlage für mehrere umstrittene Ausspäh-Praktiken vorläufig ungültig.

Aber schon im Laufe dieser Woche wird mit erneuten Abstimmungen gerechnet, die den Status quo im Prinzip wiederherstellen. Überwachungs-Aktivitäten der NSA im Ausland sind von den parlamentarischen Querelen ohnehin nicht betroffen.

Der "Patriot Act" bildet den Rechtsrahmen für viele Anti-Terrormaßnahmen. Darunter fällt auch die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung von Telefon-Metadaten - wer hat wann mit wem telefoniert? - innerhalb Amerikas. Ein Bundesgericht hatte diesen Teil kürzlich für illegal erklärt, aber mit Rücksicht auf das Verfallsdatum 31. Mai keinen Stopp angeordnet. Um den Richtern und Kritikern im Kongress entgegenzukommen, wurde alternativ der "USA Freedom Act" formuliert. Er gestattet der NSA die Überwachung des Telefonverkehrs über Umwege.

Die gesammelten Daten dürfen nicht mehr auf NSA-Servern gespeichert werden. Stattdessen müssen private Telefongesellschaften diese Aufgabe übernehmen. Will die NSA bei einem Verdacht in die Tiefe recherchieren, sprich: konkrete Gesprächsinhalte auswerten, muss in jedem Einzelfall der Beschluss eines Sondergerichts eingeholt werden. Im republikanisch beherrschten Repräsentantenhaus fand diese Neuerung bereits am 13. Mai überwältigende Zustimmung. Die Geheimdienst-Community wie auch Präsident Barack Obama zeigten sich, wenn auch mit leisem Murren, einverstanden.

Allein im Senat, der zweiten Kammer des Kongresses, taten sich vehemente Widerstände auf. Ein Teil der Republikaner wollte die massenhafte Datensammlung unangetastet lassen oder sogar ausweiten. Senatoren um Mehrheitsführer Mitch McConnell erklärten, dass in Zeiten wachsender Bedrohung durch den Islamischen Staat im Prinzip mehr Überwachung geboten sei - nicht weniger.

Am anderen Ende des Meinungsspektrums bestand Parteikollege Senator Rand Paul mit Unterstützung einiger Demokraten darauf, den "Patriot Act" komplett aufzukündigen, weil er gegen die Verfassung verstoße. Den "Freedom Act" wollte Paul um weitere Klauseln zur Stärkung der Privatsphäre erweitert wissen. Mit seiner kompromisslosen Haltung stieß Rand Paul in den eigenen Reihen auf wenig Gegenliebe. Schwergewichte wie John McCain und Mitch McConnell gingen den Augenarzt aus Kentucky frontal an und warfen ihm de facto Amtsmissbrauch vor.

Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein nannte es skandalös, dass Paul den Senat in Geiselhaft nehme, um Spenden für seinen Wahlkampf einzutreiben. Paul, Vertreter extrem libertärer Ansichten in Fragen des Rechtsstaats, will 2016 US-Präsident werden. Er sucht seit Wochen jede öffentliche Bühne, um sich als Hüter der Freiheitsrechte zu profilieren. Viele Kongress-Mitglieder, sagte er am Sonntagabend in einer von Feindseligkeit geprägten Debatte, wünschten sich gerade jetzt einen Terror-Anschlag auf amerikanischen Boden, um "ihn mir in die Schuhe zu schieben". Nach Einschätzung von US-Kommentatoren könnte Paul für seinen "Ego-Trip" (Politico) im Lauf des Wahlkampfs die Quittung bekommen. Die Masse der republikanischen Wähler teile nicht die Abneigung Pauls gegen einen starken Staat, hieß es.

Nach Lage der Dinge wird Pauls Blockade-Erfolg nur von kurzer Dauer sein. Bereits in dieser Woche wird mit einer endgültigen Verabschiedung des "Freedom Acts" im Kongress gerechnet. Die gestern ausgelaufenen Späh-Befugnisse der NSA würden damit, wenn auch leicht verändert, weitgehend wieder autorisiert.

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