Bootsunglücke vor Malta und Libyen "Das Meer ist voller Leichen"

ROM · Zu siebt hätten sie im Meer um einen einzigen Rettungsring gerungen. So hat es der palästinensische Flüchtling den Hilfskräften erzählt. Die anderen hätten nach und nach die Kräfte verlassen.

Nur er sei übrig geblieben und nach eineinhalb Tagen im Wasser von einem Handelsschiff gerettet worden. Von dieser dramatischen Episode soll am Wochenende der Überlebende eines großen Schiffsunglücks den Mitarbeitern der Internationalen Organisation für Migration (IOM) auf Sizilien erzählt haben.

Die Organisation mit Sitz in Genf gab gestern Details des Untergangs bekannt, der sich vergangene Woche rund 300 Seemeilen vor der Küste Maltas abgespielt haben soll. Wie es heißt, hätten die Schlepper nach Auseinandersetzungen mit den Flüchtlingen ein Boot mit etwa 500 Menschen selbst versenkt. So berichteten die Überlebenden.

Nach einem zweiten Bootsunglück vor der Küste Libyens mit mehr als 200 Vermissten am Sonntag könnten damit über 700 Menschen in den vergangenen Tagen im Mittelmeer ertrunken sein.

Mitarbeiter der Organisation hatten am Wochenende die Aussagen zweier Überlebender im sizilianischen Hafen Pozzallo aufgenommen. Die beiden Palästinenser, die aus Gaza nach Ägypten geflohen waren, seien von einem Handelsschiff vor Malta aufgelesen worden.

Die beiden Zeugen berichteten, die Schlepper hätten die Flüchtlinge mehrmals gezwungen, die Boote zu wechseln. Unter den Migranten aus Syrien, Gaza, Ägypten und dem Sudan hätten sich viele Familien mit Kindern und Minderjährigen befunden. Der Untergang wäre das schwerste Flüchtlingsunglück der vergangenen Jahre.

Nach Angaben der libyschen Marine kam es außerdem am Sonntag zu einem schweren Unglück vor der libyschen Küste. Ein mit 250 Menschen besetztes Flüchtlingsboot sei auf Höhe der Stadt Tagiura untergegangen. Nur 36 Menschen seien gerettet worden, hieß es. "Das Meer ist voller Leichen", wird Ayub Qassem, ein Sprecher der libyschen Marine, zitiert.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind dieses Jahr bereits mehr als 2500 Menschen bei dem Versuch ertrunken, das Mittelmeer zu überqueren. Seit Beginn des Jahres hätten 130 000 Flüchtlinge die EU über das Mittelmeer erreicht, mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2013.

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