Palästina Anerkennung nur als Teil von Friedensverhandlungen
BRÜSSEL · Es ist wie die Weihnachtsbotschaft des Europäischen Parlamentes: Verständigt euch endlich. Nach wochenlangen, teilweise heftigen Auseinandersetzungen hat das Europäische Parlament gestern in Straßburg eine bedingungslose und einseitige Anerkennung Palästinas abgelehnt.
Stattdessen fand man einen Kompromiss, der Israel und seine Nachbarn ausdrücklich erwähnt und beiden das gleiche Recht auf "Eigenstaatlichkeit" und ein "Leben in Frieden" zugesteht. Mit der großen Mehrheit von 498 Ja-Stimmen (88 Gegenstimmen und 111 Enthaltungen) sprachen sich die Volksvertreter für die Zwei-Staaten-Lösung "auf der Grundlage der Grenzen von 1967 mit Jerusalem als Hauptstadt beider Staaten" aus, bei der "ein in Sicherheit lebender Staat Israel und ein unabhängiger, demokratischer, zusammenhängender und lebensfähiger, palästinensischer Staat auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechtes und der uneingeschränkten Achtung des Völkerrechtes in Frieden und Sicherheit nebeneinander bestehen".
Anders als es Schweden und das französische Parlament sowie 130 Länder weltweit schon getan haben, soll es aber keine einseitige Anerkennung Palästinas geben. Diese könnte stattdessen "mit der Weiterführung der Friedensgespräche einhergehen".
Es ist eine Resolution, der man in jeder Zeile anmerkt, dass sich Christ- und Sozialdemokraten, Grüne, Liberale, Rechte und die vereinigte Linke aufeinander zu bewegt haben. "Wir wollten der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini ein starkes Signal als Rückendeckung an die Hand geben", hieß es in der Debatte zuvor. Zumindest das ist gelungen.
Dennoch fehlen in dem Papier, das lediglich symbolische Bedeutung hat, da die Anerkennung anderer Staaten ausschließliche Hoheit der EU-Regierungen ist, nicht die scharfen Worte. So werden "Terror- und Gewaltakte auf das Schärfste" verurteilt - das klingt nicht überraschend, rückt aber manch militärische Operation, die unter dem Etikett der Verteidigung gelaufen ist, in die Nähe von Attacken der anderen Seite. Der israelische Siedlungsbau in den besetzten Gebieten wird rundweg als "völkerrechtswidrig" abgelehnt. "Wir müssen Druck auf beide Seiten ausüben, damit es zu einer friedlichen Lösung kommt", argumentierten die Abgeordneten.
Doch vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse bekommt die Erklärung ein Gewicht, das viele als Mahnung vor allem an Israel sehen. Die Sperrung des Zugangs zum Tempelberg war erst im November von den Außenministern als "mögliches Zeichen für die Eskalation eines politischen Streits zum religiösen Konflikt" kritisiert worden. Gleichzeitig tauchte eine Liste mit denkbaren Strafmaßnahmen gegen Israel auf.
Dass der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, im Vorfeld die Entscheidung des Parlamentes kritisierte und den EU-Staaten vorwarf, "naiverweise" die Anerkennung eines unabhängigen Palästinas "antreiben" zu wollen, war deshalb nicht überraschend. Das EU-Parlament beließ es gestern nicht bei der Abstimmung über ein Papier. Gleichzeitig wurde eine gemeinsame Parlamentariergruppe ins Leben gerufen, der Vertreter europäischer, palästinensischer und israelischer Volksvertretungen angehören sollen. Sie soll die diplomatischen Bemühungen unterstützen und eine Agenda für den Frieden auf den Weg bringen.