Neue Vorschriften zur Kennzeichnung von Lebensmitteln Alle Inhaltsstoffe auf einen Blick

BRÜSSEL · Der Verbraucher soll nicht länger im Dunkeln tappen, wenn er beim Einkauf zu verpackten Lebensmitteln greift. Das ist das Ziel der neuen Lebensmittel-Kennzeichnung, die an diesem Samstag in Kraft tritt.

 Was man isst: Die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln müssen künftig detailliert aufgeführt werden - lose Ware wie Brötchen in Bäckereien ist vorerst noch ausgenommen.

Was man isst: Die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln müssen künftig detailliert aufgeführt werden - lose Ware wie Brötchen in Bäckereien ist vorerst noch ausgenommen.

Foto: epd

Unser Brüsseler Korrespondent Detlef Drewes hat die wichtigsten Informationen im Zusammenhang mit der Neuregelung zusammengestellt.

Neue Angaben auf den Verpackungen - ist das den Kunden eigentlich wichtig?

Studien zufolge liest der Kunde tatsächlich intensiv die Angaben zu Inhaltsstoffen, Zutaten, Tierschutz, regionaler Herkunft und gentechnikfreier Produktion. Auch die Zahl der in Lebensmitteln enthaltenen Kalorien erscheint vielen Käufern wichtig. Diese Informationen werden aber von den meisten Verbrauchern noch im Geschäft genutzt, wenn sie die Ware aus dem Regal nehmen. Zuhause liest kaum noch jemand nach.

Was sind denn die entscheidenden Neuerungen bei der geänderten Etikettierung?

Vereinfacht gesagt muss auf der Verpackung künftig stehen, was drin ist. Wenn die Pizza mit Käseimitat belegt wurde, soll der Kunde das erfahren. Bei raffinierten pflanzlichen Ölen und Fetten reichte es bisher aus, sie als "Pflanzenöl" oder "Pflanzenfett" zu bezeichnen. Künftig muss auch die botanische Herkunft (also "Kokos") angegeben werden. Zusammengeklebte Fleischstücke müssen mit einem entsprechenden Hinweis versehen werden. Wenn Nano-Technologie bei der Herstellung benutzt wurde, hat der Produzent dies anzugeben. Enthält ein Produkt Koffein, muss dies gesagt werden. Es geht also um Transparenz und Klarheit.

Allergiker sollen von den neuen Vorschriften in besonders starkem Maße profitieren. Wieso?

Die 14 wichtigsten Bestandteile oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen könnten, müssen im Zutatenverzeichnis aufgeführt werden. Dazu zählen beispielsweise glutenhaltiges Getreide, Krebstiere, Eier, Fische, Erdnüsse, Sojabohnen, Milch, Schalenfrüchte, Sellerie, Senf, Sesamsamen, Schwefeldioxid und Sulfite, Lupinen und Weichtiere. Diese kritischen Stoffe sollen auch bei unverpackter Ware, die in Metzgereien oder beim Bäcker angeboten werden, für den Kunden erkennbar gemacht werden.

Wenn Mütter für Kinderfeste oder andere Feiern in der Öffentlichkeit einen Kuchen backen, müssen sie also ebenfalls die verwendeten Inhaltsstoffe komplett auflisten?

Nein. Das ist eine von vielen Legenden, die sich um diese neue Kennzeichnungspflicht ranken. Es heißt in den Vorschriften ausdrücklich: "Der Verkauf von Lebensmitteln durch Privatpersonen" oder "das gelegentliche Anbieten von Lebensmitteln" ist von den Regeln ausgenommen. Auch für Wohltätigkeitsveranstaltungen sowie "Märkte und Zusammenkünfte auf lokaler Ebene" gelten die Auflagen nicht.

Kann ich als Kunde künftig auch mehr Angaben über die geografische Herkunft von Lebensmitteln bekommen?

Ja. Bei Lebensmitteln müssen generell das Herkunftsland oder der Ursprungsort genannt werden. Ab April des kommenden Jahres gilt auch für unverpacktes oder vorverpacktes Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch eine Pflicht zur Nennung des Aufzucht- und Schlachtortes.

Das klingt alles sehr kompliziert. Warum hat man sich nicht auf ein einfach zu erkennendes Symbol wie eine Ampel verständigt?

Es gab anfangs tatsächlich viele Befürworter dieser sehr überschaubaren Ampellösung. Doch Ernährungsexperten warnten schließlich vor dem Versuch, die vielfältigen Informationen über ein Produkt durch ein solches Symbol zu vereinfachen. Wichtige Lebensmittel würden rote Stoppsignale erhalten, obwohl sie gerade wegen ihrer Nährstoffgehalte wie zum Beispiel Fett oder wegen anderer Inhaltsstoffe gesundheitsförderlich sind - das gilt unter anderem für Oliven- oder Rapsöl, Avocado, Makrele, Hering oder Nüsse. Die Ampelfarben seien deshalb aus ernährungsphysiologischer Sicht falsch, hieß es. Ernährung sei zu komplex, als dass mit solchen simplen Symbolen Bewertungen ausgesprochen werden können.

Sind die Vorgaben denn wirklich alle so einfach umzusetzen, wie es jetzt klingt?

Da gibt es Schwierigkeiten und neue werden auftauchen. Ein Beispiel stammt aus dem Bereich der Milchproduktion. Da gibt es beispielsweise kleine Hersteller, die mit Ausnahme des Zuckers alle Zutaten aus der unmittelbaren Umgebung ihres Betriebs beziehen. In ihrem Fall aber mit fatalen Folgen. Denn bei naturbelassener Milch schwankt der Proteingehalt, was es nahezu unmöglich macht, den Eiweißanteil genau anzugeben - und vor allem die Verpackungen entsprechend zu variieren. In Brüssel heißt es dazu man werde prüfen, wo Nachbesserungen nötig seien. Denn es gehe ja nicht darum, ausgerechnet der biologischen Lebensmittel-Produktion Steine in den Weg zu legen.

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