18-Punkte-Reformliste Griechenlands Ärger im Detail
BRÜSSEL · 18 klare Zusagen - so weit ist Griechenland von seiner Rettung entfernt. Heute will Athen die fertige Liste mit zugesagten Reformschritten offiziell der Euro-Gruppe zuleiten. Ein Katalog der nächsten Gesetzesmaßnahmen, um die Geldgeber von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zu überzeugen.
Doch dazu hätten sich die Unterhändler der Institutionen, wie die einstige Troika inzwischen heißt, in den vergangenen beiden Tagen mit den Beamten des hellenischen Finanzministeriums einigen müssen. Bereits am Freitagabend hatte Finanzminister Gianis Varoufakis seine Vorschläge nach Brüssel geschickt. Aber dort gab es nicht nur Ärger wegen fehlender Details. Die Athener Delegation legte nämlich kein Papier vor, mit dem man hätte arbeiten können. Das Dokument existierte nur auf mobilen Geräten und ausschließlich auf Griechisch. Ein offener Affront gegenüber den Gesprächspartnern.
Der genaue Inhalt dessen, was Varoufakis zusammengetragen hatte, wurde nicht veröffentlicht. Dennoch sickerten einzelne Punkte durch. So habe der Minister den Sozialbereich sowie die Löhne und Renten nahezu völlig ausgenommen. Lediglich die bereits beschlossene, aber nie umgesetzte Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre soll in Angriff genommen werden. Außerdem will man den Höchststeuersatz auf 45 Prozent anheben, eine neue Immobiliensteuer einführen und die Mehrwertsteuer für Luxusartikel heraufsetzen. Um den Kampf gegen Steuerhinterziehung zu verschärfen, schlägt Varoufakis vor, Registrierkassen in Geschäften und Restaurants sowie Hotels online mit den Rechnern der Finanzverwaltung zu verbinden.
TV-Stationen und Radios will Athen für die Nutzung von Funkfrequenzen zur Kasse bitten. Die Medienhäuser hatten 1989 ihre Senderechte zunächst kostenfrei erhalten, danach war nie wieder von Nutzungsgebühren die Rede gewesen. Auch die von der Regierung Tsipras zunächst gestoppten Privatisierungen könnten offenbar wieder in Gang kommen. Vize-Ministerpräsident Gianis Dragasakis sagte dem chinesischen Investor Cosco-Group zu, den Hafen Piräus unweit der Hauptstadt Athen nun doch zu verkaufen. Möglicherweise darf auch die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport AG wie ursprünglich geplant 14 griechische Regionalflughäfen übernehmen.
Alle Maßnahmen könnten zwischen drei und 3,5 Milliarden Euro einbringen oder einsparen, hieß es in Brüssel. Gleichzeitig würde der Weg zu insgesamt 7,2 Milliarden frei, auf die Athen aus verschiedenen Finanztöpfen noch Anspruch hat - dazu gehört auch die letzte Rate aus dem zweiten Rettungspaket.
Doch allzu groß ist die Hoffnung nicht, dass sich die Regierung Tsipras damit wirklich aus dem Schuldensumpf befreien kann. Berichten vom Wochenende zufolge fehlen zusätzlich zehn bis 20 Milliarden Euro, für die ein drittes Hilfsprogramm notwendig werden könnte. Denn die wirtschaftliche Lage des Landes scheint desaströs. So rechnen die Experten der Institutionen bereits damit, dass der mit drei Prozent errechnete Primärüberschuss (ohne die Lasten für den Schuldendienst) bereits aufgebraucht ist.