Deutscher Evangelischer Kirchentag Zwischen Obama und AfD-Streit

Berlin · In Berlin wurde am Mittwochabend der Deutsche Evangelische Kirchentag eröffnet. Und es gibt bereits einige Themen mit Diskussionsstoff.

 Großer Andrang: Ordner kontrollieren Besucher des Kirchentags vor dem Eröffnungsgottesdienst auf der Berliner Reichstagswiese.

Großer Andrang: Ordner kontrollieren Besucher des Kirchentags vor dem Eröffnungsgottesdienst auf der Berliner Reichstagswiese.

Foto: dpa

Ein donnernder Fanfarenstoß erschallte am Mittwochabend direkt vor dem Bundestag. „Ich erkläre den 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag für eröffnet“, sagte die Schweizer Theologin Christina aus der Au. Die Wissenschaftlerin ist die Präsidentin des Kirchentags, der noch bis zum Sonntag in Berlin und Wittenberg stattfindet – und zu dem sich immerhin schon 106.000 Dauerteilnehmer angemeldet haben, gut 10.000 mehr als vor zwei Jahren in Stuttgart.

Vor dem Hintergrund des jüngsten Terroranschlags in Manchester erinnerte der Berliner Landesbischof Markus Dröge in seiner Eröffnungspredigt daran, dass heute weltweit der Friede gefährdet sei: „Und es ist ein Wunder, gemeinsam in Frieden hier zu sein zu können.“ Die Menschen würden heute ein- und aufteilen: „Nach Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, nach Nationalitäten, Ländern, Kulturen und Religionen, nach gut und schlecht, gewinnbringend oder wertlos, West und Ost, Nord oder Süd.“

Gott aber sehe immer auch die Möglichkeit der Versöhnung. „Gott schaut nicht nach Nationalität, Religion oder Kulturzugehörigkeit, sondern sieht den Menschen“, sagte Dröge. „Er hat jedem Menschen ohne Ansehen der Person Würde verliehen.“ Es sei dieser besondere Blick Gottes, der die Menschen ermutige, eingefahrene Sichtweisen zu überdenken.

Im Zentrum des unter dem Motto „Du siehst mich“ in Berlin und Wittenberg stattfindenden Kirchentags wird indes der Besuch des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama stehen. Er wird am Donnerstag zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm vor der Kulisse des Brandenburger Tors über das Thema „Engagiert Demokratie gestalten – zu Hause und in der Welt Verantwortung übernehmen“ diskutieren.

Umstrittener Auftritt von AfD-Politikerin

Im Vorfeld war darüber diskutiert worden, ob der Kirchentag damit etwa zu sehr in den Wahlkampf eingreifen könnte – doch laut einer Statistik des Kirchentags waren alle für diese Veranstaltung frei verfügbaren und reservierbaren Plätze innerhalb von 90 Sekunden vergriffen.

Umstritten ist auch ein Auftritt der AfD-Politikerin Anette Schultner, die ebenfalls mit dem Berliner Bischof Markus Dröge über das Verhältnis von Christen und der AfD diskutieren soll. Dröge gilt als scharfer Kritiker der AfD und hatte sich in seiner Landeskirche dafür eingesetzt, dass Kirchenämter mit einer Mitgliedschaft in der AfD unvereinbar sind. Im Vorfeld des Kirchentags hatte es eine Online-Petition und Boykottaufrufe gegen die Veranstaltung gegeben.

„Es ist besser, einmal zu viel mit den Leuten zu reden, als nur ständig über sie“, sagte Kirchentagspräsidentin Aus der Au am Mittwoch. Der Kirchentag setze aber „auf klare Haltung in der Auseinandersetzung mit denen, die mit Abschottung und Abwertung von Menschen Politik machen wollen.“

Überschattet wurde der Auftakt des Kirchentags am Mittwoch indes von Nachrichten aus Mitteldeutschland: Denn während die Berliner Großveranstaltung mit 106.000 Dauerteilnehmern als gut besucht gelten darf, wurde am Mittwoch bekannt, dass nur 40.000 Menschen als Mitwirkende oder Teilnehmer für die in Dessau, Weimar, Halle, Magdeburg, Leipzig und Erfurt zeitgleich stattfindenden „Kirchentage auf dem Weg“ registriert sind.

Und für die Sonderzüge, die die Besucher des Berliner Kirchentags am Samstagmorgen zum Abschlussgottesdienst nach Wittenberg bringen sollen, seien bislang nur eine „vierstellige Zahl“ an Tickets verkauft worden. Und während dieser Gottesdienst bislang als einer der Höhepunkte des Reformationsjubiläums galt, besteht nun offenbar die ernst zu nehmende Gefahr, dass er zum größten Flop des Jahres 2017 wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Bekenntnis zur Truppe
Kommentar zum Veteranentag Bekenntnis zur Truppe
Nicht ohne Nachteil
Kommentar zur Wahlrechtsreform Nicht ohne Nachteil
Aus dem Ressort