Korruptionsindex von Transparency International Zunehmende Korruption in Deutschland

BERLIN · Nach dem jüngsten Korruptionsindex ist Deutschland vergleichsweise sauber, aber gleichwohl nicht unbefleckt. Die Grünen fordern deshalb ein verbindliches Lobbyregister.

 Transparency International Deutschland präsentierte den Korruptionswahrnehmungsindexes CPI 2018.

Transparency International Deutschland präsentierte den Korruptionswahrnehmungsindexes CPI 2018.

Foto: dpa

In Deutschland gibt es nach Einschätzung von Führungskräften in der Wirtschaft einen zunehmenden Nährboden für Bestechung. Wie die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International (TI) bei der Vorstellung ihres Korruptionswahrnehmungsindex 2018 mitteilte, nehmen Korruption und Bestechung in Wirtschaft und bei öffentlichen Institutionen in Deutschland zu. Die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller, sagte dazu am Dienstag in Berlin, der Wirtschaftsstandort Deutschland werde mittlerweile auch von der Wirtschaft selbst „kritisch bewertet“.

Müller kommt zu dem Schluss: „Offensichtlich existiert hier der Eindruck, dass man mit unlauteren Methoden auch hier in Deutschland Geschäfte fördern kann.“ Müller forderte strafrechtliche Sanktionen für Unternehmen, die mit Korruption arbeiteten, wie es im Koalitionsvertrag bereits vorgesehen sei. „Sonst bröckelt der Glaube der Menschen an den Rechtsstaat.“

Insgesamt hat sich die Lage bei der Bekämpfung von Korruption in Deutschland im vergangenen Jahr leicht verschlechtert. Deutschland verlor auf dem Wahrnehmungsindex für Korruption einen Punkt auf 80 von 100 (Bestwert für Null Korruption), liegt aber immer noch weit über dem internationalen Durchschnitt. Von 180 gelisteten Ländern kommt Deutschland damit auf Platz elf – gemeinsam mit Großbritannien. Den besten Wert im internationalen Vergleich im Kampf gegen Bestechung erreicht Dänemark mit 88 von 100 Punkten. Schlusslicht ist Somalia mit gerade Mal zehn Punkten, womit das Land als hoch korrupt gilt. Auch EU-Staaten wie Rumänien (47 Punkte), das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, und Ungarn (46 Punkte) gelten als sehr anfällig für Korruption.

"Fangprämie" bei Ärzten

In Deutschland gelten Dienstleistungsgewerbe, Baubranche, Medizin und Pharmazie, Automobilbranche und das Logistikgewerbe als besonders anfällig für Korruptionsdelikte. Transparency Deutschland-Vorsitzende Müller berichtete von Krankenhäusern oder Labors, die Ärzten sogenannte „Fangprämien“ zahlten, wenn diese im Gegenzug Patienten an sie überwiesen.

Nach dem Bundeslagebild Korruption des Bundeskriminalamtes (BKA) waren 2017 knapp 5000 Straftaten in diesem Deliktbereich erfasst und ermittelt worden, was einem Rückgang von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Noch 2014 hatte die Zahl der Korruptionsdelikte in Deutschland bei 20 263 gelegen. 2017 sind laut BKA insgesamt 2939 Tatverdächtige ermittelt worden, davon 1514 Geber und 1425 Personen, die sich hätten bestechen lassen. 73 Prozent dieser sogenannten „Nehmer“, also Empfänger von Korruption, seien Amtsträger gewesen.

Den dadurch entstandenen Schaden bezifferte das BKA auf 291 Millionen Euro. TI-Vorsitzende Müller sprach allerdings von einer „hohen Dunkelziffer“. In den meisten Fällen (69,8 Prozent) ließen sich „Nehmer“ mit Bargeld bestechen, doch auch Sachzuwendungen wie etwa ein auf Kosten des Gebers angelegter Garten oder Gratis-Reisen gehörten zu den Mitteln jener, die sich Vorteile erkaufen wollten.

2017 waren die besonders schweren Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung sprunghaft von 150 im Jahr 2016 auf dann 1097 angestiegen. Laut BKA resultierte dieser Anstieg insbesondere aus in Nordrhein-Westfalen geführten Ermittlungsverfahren bei Zulassungen im Kfz-Gewerbe und bei Auftragsvergabe von Schulfotografien. Dort stehen Verantwortliche eines großen Fotostudios im Verdacht, bundesweit Barzahlungen und Sachleistungen für Aufträge bei der Schulfotografie geleistet zu haben.

Transparency Deutschland fordert als Reaktion auf die zahlreichen externen Beraterverträge, die Bundesministerien vergeben, ein Interessen- und Lobbyregister. Auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, verlangt: „Mit einem CC kann jeder nachvollziehen, welche Lobbygruppen sich im politischen Bereich für ihre Interessen einsetzen.“ Müller tritt zudem für einen gesetzlichen Hinweisgeberschutz ein, also für Informanten, die Korruption melden.

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