Zwischen AfD und Eucharistie Zehntausende feiern Abschlussgottesdienst beim Katholikentag

Münster · Vor dem Schloss der westfälischen Bischofsstadt Münster feierten am Sonntag mehrere zehntausend Menschen den Abschlussgottesdienst des 101. Deutschen Katholikentags, der im Zeichen der politischen Diskussion stand.

 Mit einem Open-Air-Gottesdienst auf dem Schlossplatz in Münster ging am Sonntag der 101. Deutsche Katholikentag zu Ende.

Mit einem Open-Air-Gottesdienst auf dem Schlossplatz in Münster ging am Sonntag der 101. Deutsche Katholikentag zu Ende.

Foto: epd

Pünktlich zum Beginn des Gottesdienstes waren auch die Regenwolken weg. Vor dem Schloss der westfälischen Bischofsstadt Münster feierten am Sonntag mehrere zehntausend Menschen den Abschlussgottesdienst des 101. Deutschen Katholikentags. Mit 50.000 Dauerteilnehmern und 25.000 Tagesgästen war das unter dem Motto „Suche Frieden“ durchgeführte Treffen der am stärksten besuchte Katholikentag seit 1990. Zeitweise gingen den Veranstaltern vom „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ sogar die Eintrittskarten aus.

Im Abschlussgottesdienst forderte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, die Gläubigen auf, ihren Glauben in die Welt hinaus zu tragen. „Wir wollen Instrumente des Friedens sein in dieser Gesellschaft“, sagte Marx. Christen dürften sich nicht in die Sakristei oder in geschlossene Zirkel zurückziehen. Auch der Katholikentag in Münster sei kein Ausdruck eines „Wohlfühlkatholizismus“ gewesen. Vor dem Hintergrund des Streits um die Eucharistiezulassung evangelischer Ehepartner in bestimmten Situationen mahnte Marx zudem eine größere Einheit in der Kirche an. „Wir müssen deutlich machen, dass wir eins sind, auch wir Bischöfe“, sagte Marx, während der überraschend konzelebrierende Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hinter ihm der Predigt zuhörte.

Woelki hatte während des Katholikentags seine ablehnende Haltung zu den mit großer Mehrheit beschlossenen Plänen der Deutschen Bischofskonferenz bekräftigt. Marx dagegen betonte in der Abschlusspressekonferenz am Samstag noch einmal, die Angelegenheit „in großer Einmütigkeit, was aber nicht Einstimmigkeit heißt“ regeln zu wollen.

Erfolgreiche Bilanz

Auch Katholikentagspräsident Thomas Sternberg hatte zuvor eine erfolgreiche Bilanz gezogen: Mit seinem Leitwort „Suche Frieden“ habe der Katholikentag einen Nerv getroffen. Seine Besucher seien „keine verschüchterten Schafe, sondern ein selbstbewusstes Gottesvolk, das zu den Themen der Zeit selbstverständlich Stellung nimmt.“ Wozu auch die Auseinandersetzung mit der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) gehörte: Während noch vor zwei Jahren, beim Leipziger Katholikentag, keine AfD-Vertreter eingeladen wurden, war am Samstag der kirchenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Volker Münz, zu Gast bei einem Podium, bei dem er mit Kirchenexperten der anderen Fraktionen über die Rolle der Religion in der Politik diskutieren sollte.

Dagegen gab es in Münster eine Gegendemonstration, an der rund 1000 Menschen teilnahmen. Und auch zu Beginn der Diskussion hielten Protestierer ein Transparent mit der Aufschrift: „Suche Frieden, nicht die AfD – für eine antifaschistische Kirche!“ hoch, schließlich wurden sie von Sicherheitskräften aus dem Saal begleitet. Und immer wieder gab es laute Zwischenrufe von Anhängern wie Gegnern der rechtspopulistischen Partei.

Wenig neue Erkenntnisse

Inhaltlich bot gerade dieses Podium dagegen nur wenig neue Erkenntnisse: Münz betonte, seine Partei mache Politik auf der Basis des christlichen Menschenbildes. Er selbst „lebe nach den Geboten der Bibel“. Für Äußerungen etwa Björn Höckes wolle er nicht den Kopf hinhalten. Vielmehr würden alle übrigen Politiker auf dem Podium „Verantwortung für die Probleme tragen, die wir in Deutschland erleben“ - womit sich Münz ganz AfD-typisch auf die Zuwanderungsdebatte bezog. Die übrigen Politiker wiesen diese Positionen entschieden zurück. Jesus habe nie irgendjemanden ausgegrenzt, sagte die Sprecherin des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD, die Parlamentarische Staatssekretärin Kerstin Griese.

Ihr Verständnis von Nächstenliebe sei mit vielem, was Münz und die AfD vertreten, nicht vereinbar. Und als Münz den Kirchen vorwarf, sich zu stark politisch zu engagieren, konterte der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Hirte knochentrocken: Er habe gerade das Grab von Clemens August Graf von Galen besucht. Der auch als „Löwe von Münster“ bekannte Bischof gehörte bekanntlich zu den entschiedensten Gegnern des Nationalsozialismus.

Und zumindest diese Replik dürfte auch der jungen Frau gefallen haben, die am Sonntag im Abschlussgottesdienst des Katholikentags die Fürbitten sprach. Als die Kamera des Fernsehbilds auf ihr Gesicht schwenkte, sah man in Großaufnahme auch ein selbstgebasteltes Armband an ihrem Unterarm. Und klar und deutlich war zu lesen: „Fuck AfD!“.

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