Weidel: Petry soll gehen Wahlsieger AfD vor Zerreißprobe

Berlin · Paukenschlag direkt nach der Wahl: Parteichefin Petry distanziert sich von den Spitzenkandidaten. Der AfD-Fraktion will sie nicht angehören. Steht eine erneute Spaltung der Partei bevor?

Nur wenige Stunden nach dem Erfolg bei der Bundestagswahl sind die innerparteilichen Konflikte in der AfD eskaliert. Die Vorsitzende Frauke Petry erklärte in Berlin, sie wolle der Fraktion ihrer Partei nicht angehören.

Anschließend verließ sie eine gemeinsame Pressekonferenz mit den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Alexander Gauland. Weidel forderte Petry daraufhin auf, den Parteivorsitz niederzulegen und die AfD zu verlassen. AfD-Vorstandsmitglied André Poggenburg sagte, nur so könne Petry "einem Antrag auf Parteiausschluss zuvorkommen".

Auch der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen hat Petry dazu aufgefordert, aus der AfD auszutreten. "Ich würde Frau Petry empfehlen - nach dem, was sie heute getan hat - die Konsequenz zu ziehen und die Partei zu verlassen und ihr Parteiamt niederzulegen", sagte Meuthen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Mit diesem Schritt könne sie "ein mögliches Parteiausschlussverfahren verkürzen, wie es manche in der Partei nun fordern".

Petry sagte zur Begründung ihres Schritts, sie wolle aktiv gestalten und "Realpolitik im guten Sinne einer konservativen Politik machen". Deshalb werde sie "vorerst als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag" arbeiten. Ob sie die Gründung einer eigenen Fraktion oder Parlamentariergruppe anstrebt, sagte sie nicht. Um eine eigene Fraktion zu bilden, müsste sie mindestens 35 Abgeordnete dazu bringen, sich ihr anzuschließen. In einem Interview der ARD sagte sie, ihre Entscheidung sei wohl überlegt: "Wer mich kennt, weiß, dass ich so etwas nicht spontan mache." Sie hoffe, "dass beim Wähler ankommt, dass ich für einen konservativen Neuanfang stehe".

Die Parteichefin, die seit 2015 an der Spitzen der AfD steht, konnte in ihrem sächsischen Wahlkreis ein AfD-Direktmandat erringen, was ihre Stellung stärkt. Die Partei kam bundesweit auf 12,6 Prozent.

Zuvor hatte Co-Parteichef Jörg Meuthen Petry heftig attackiert. Dass sie sich in öffentlichen Äußerungen wiederholt von den beiden Spitzenkandidaten distanziert habe, sei "wenig hilfreich" gewesen und "nicht hinnehmbar", sagte er.

Petry kritisierte, ohne Namen zu nennen, "abseitige Positionen" einiger Parteifreunde. Sie sagte, sie wolle nicht, dass die AfD eine "anarchische Partei" sei. Gauland wies den Vorwurf von sich, er habe Petrys Ausstieg aus der Fraktion mit seinen Äußerungen über die "Leistungen" deutscher Soldaten im vergangenen Jahrhundert oder mit seinem Satz von der "Entsorgung" der Integrationsbeauftragten Aydan Özoguz provoziert. Er sagte: "Ich glaube nicht, dass das der Grund ist, dass Frau Petry hier jetzt rausgegangen ist."

Die AfD war am Sonntag erstmals der Einzug in den Bundestag gelungen. Ihr fielen - vor Petrys Auszug - 94 Sitze zu. Damit würde sie zur drittstärksten Kraft im Parlament. Sollte eine größere Zahl von AfD-Abgeordneten Petry folgen, könnte diese Rolle jedoch der FDP zufallen. Sie hatte 80 Mandate errungen.

Nach der Konstituierung des neuen Bundestags will die AfD als erstes einen Untersuchungsausschuss zum Verhalten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingskrise beantragen. Man wolle in einem solchen Ausschuss Rechtsbrüche Merkels aufklären, sagte Weidel.

Für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sind 25 Prozent der Abgeordnetenstimmen notwendig. Das heißt, die AfD bräuchte dafür die Unterstützung mindestens einer anderen Fraktion.

Weidel kündigte eine "konstruktive Oppositionsarbeit" an. Die AfD werde künftig die Bundesregierung kontrollieren, was in den letzen vier Jahren praktisch nicht stattgefunden habe. Der Staat habe die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verlassen.

Gauland warf Union und SPD vor, sie seien unfähig gewesen, das Land vernünftig zu regieren. "Wir wollen eine klare Opposition im Bundestag sein", sagte er. Erneut griff er Merkels Flüchtlingspolitik an. Man wolle Deutschland nicht verlieren an eine "Invasion von fremden Menschen aus fremden Kulturen".

Die Grünen-Politikerin Claudia Roth forderte einen strengen Umgang mit der AfD im Parlament. "Der Bundestag ist kein Jagdrevier einer rechtsradikalen Partei, sondern verdient Respekt", sagte sie am Montag dem Bayerischen Rundfunk.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, relativierte das starke Ergebnis der AfD. "Fakt ist, dass am Ende des Tages knapp 87 Prozent der Bevölkerung andere Parteien gewählt haben", sagte er am Montagmorgen dem Sender SWR2. Unterschätzen dürfe man die rechtsnationale Partei aber nicht.

Einen Tag nach der Bundestagswahl hat sich die Landtagsfraktion der AfD in Mecklenburg-Vorpommern gespalten. Vier der 18 Abgeordneten gründeten am Montag eine neue Fraktion mit dem Namen "Bürger für Mecklenburg-Vorpommern" (BMV), wie Fraktionsgeschäftsführer und Pressesprecher Christian Hirsch in Schwerin erklärte. Zuvor seien sie aus der AfD-Fraktion ausgetreten. Nach eigenen Angaben wollen die vier Angeordneten aber in der Partei bleiben.

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