Vertrauen in Justiz schwindet Vier von fünf Bürgern beklagen überlastete Gerichte

Berlin · Wenn man viele Bürger, Richter und Staatsanwälte fragt, steht die Justiz kurz vor dem Kollaps. Die Unzufriedenheit erreicht neue Höchstwerte - doch die Politik verspricht Besserung.

 Unzufrieden ist der Umfrage zufolge besonders die ostdeutsche Bevölkerung, wo in diesem Jahr in drei Bundesländern gewählt wird.

Unzufrieden ist der Umfrage zufolge besonders die ostdeutsche Bevölkerung, wo in diesem Jahr in drei Bundesländern gewählt wird.

Foto: Bernd Settnik

Immer mehr Menschen halten die Gerichte in Deutschland für überlastet. Nach einer Allensbach-Umfrage, deren Ergebnisse der Deutschen Presse-Agentur vorliegen, ist die Kritik an der Justiz mit 79 Prozent auf einen neuen Höchstwert seit der ersten Befragung im Jahr 2010 gestiegen.

88 Prozent der Befragten meinen zudem, dass die meisten Verfahren in Deutschland zu lange dauern. Eine große Mehrheit der Richter und Staatsanwälte teilt die Kritik. Besonders Staatsanwälte halten ihre Behörden für schlecht besetzt.

Unzufrieden ist der Umfrage zufolge besonders die ostdeutsche Bevölkerung, wo in diesem Jahr in drei Bundesländern gewählt wird. 83 Prozent halten die Gerichte hier für überlastet, sogar 90 Prozent beklagen eine vielfach zu lange Verfahrensdauer. Hier ist auch das Vertrauen in die Justiz deutlich geringer als in den westlichen Bundesländern: Nur 55 Prozent der Bürger vertrauen den Gerichten.

Die befragten Richter und Staatsanwälte forderten die Politik mehrheitlich auf, mehr Fachleute einzustellen. 92 Prozent der Staatsanwälte und 82 Prozent der Richter sehen laut Umfrage Personallücken in ihren Bereichen. Eine Mehrheit beklagt zudem, die Rahmenbedingungen für eine gute Rechtsprechung hätten sich in Deutschland in den vergangenen Jahren verschlechtert.

Aus Sicht des Deutschen Richterbunds ist eine verfehlte Sparpolitik vieler Länder Schuld an der prekären Personalsituation der Justiz. Doch Bund und Länder hätten den Handlungsbedarf jetzt erkannt, sagte Geschäftsführer Sven Rebehn. Die Gespräche zum sogenannten Pakt für den Rechtsstaat, der unter anderem 2000 zusätzliche Richter und Staatsanwälte verspricht, seien weit fortgeschritten. "Wir sind zuversichtlich, dass der Pakt noch in diesem Monat kommt", sagte Rebehn. Ende Januar solle es ein Spitzentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Regierungschefs der Länder geben.

Zuletzt hatte Justizministerin Katarina Barley (SPD) mit den Justizministern der Länder darüber gestritten, wer die versprochenen Stellen finanzieren soll. Die Kosten werden mit rund 400 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Barley hatte den Ministern zunächst vorgeschlagen, einmalig 170 bis 200 Millionen zu übernehmen. Weil die Justiz Ländersache ist, kann der Bund die Stellen nicht direkt finanzieren.

Die Umfrage wurde im Auftrag der Roland Rechtsschutz-Versicherung für ihren neuen Rechtsreport erstellt.

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