Verdacht der Korruption bei "Gorch Fock"

Berlin · Das Bundesverteidigungsministerium meldet einem handfesten Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit dem deutschen Segelschulschiff "Gorch Fock". Ein Mitarbeiter des Marinearsenals Wilhelmshaven hat sich selbst der Vorteilnahme bezichtigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Die Serie der schlechten Nachrichten für Ursula von der Leyen reißt nicht ab. Kaum hat sich im Verteidigungsausschuss die nötige Mehrheit gefunden, um die Verteidigungsministerin mit einem Untersuchungsausschuss zur Berateraffäre zu konfrontieren, muss sie den Obleuten einen handfesten Korruptionsverdacht melden. Und das ausgerechnet beim weltberühmten Segelschulschiff "Gorch Fock".

Ein Mitarbeiter des Marinearsenals Wilhelmshaven hat sich laut Ministerium selbst der Vorteilsnahme bezichtigt. Es geht angeblich um einen günstigen Kredit in sechsstelliger Höhe, den er von einer Firma erhalten haben soll, die für die Bundeswehr mit der Generalüberholung des 60 Jahre alten Schiffes beauftragt wurde. Ausgerechnet er war für die technische Preisprüfung zuständig. Das allein macht klar, warum das Verteidigungsministerium inzwischen die Staatsanwaltschaft einschaltete.

Im Zentrum steht die wundersame Verteuerung der Reparaturkosten. Obwohl die "Gorch Fock" bereits im Jahr 2010 generalüberholt worden war, wurde eine dauerhafte Instandsetzung nur sechs Jahre später mit weiteren zehn Millionen Euro taxiert. Das Ministerium begründete einen ersten phänomenalen Kostensprung auf 75 Millionen Euro mit dem Hinweis, dass der wahre Zustand des Schiffes beim Start der Ausschreibungen nicht bekannt gewesen sei. Inzwischen haben sich die veranschlagten Kosten erneut drastisch erhöht - auf nun 135 Millionen Euro. Umso sensibler reagiert die Politik auf den Korruptionsverdacht just an der Stelle, die für die Kostenkontrolle zuständig ist.

"Das wird der nächste Stresstest", sagte SPD-Verteidigungsexperte Fritz Felgentreu einen Tag nach der Entscheidung, dass ein Untersuchungsausschuss eingerichtet werden soll. Dieser soll ab Januar Hintergründe und Beziehungsgeflechte im Zusammenhang mit Beraterverträgen für über 200 Millionen Euro aufrollen, die zu mehr als der Hälfte ohne die vorgeschriebene Begründung vergeben worden waren. Und was die Opposition am Vortag über das Geflecht zwischen Ministerium und Beratern forderte, formuliert die SPD nun auch zur "Gorch-Fock"-Reparatur: "Die internen Abläufe und die gesamte Geschäftsbeziehung zur Reparaturwerft müssen überprüft werden", so Felgentreu.

Am Montag sollte der 60. Geburtstag des Vorzeige-Schiffes gefeiert werden, die "Gorch Fock" sollte im Frühjahr wieder zur Offiziersausbildung in See stechen. Doch die Reparaturen dauern wohl ein Jahr länger.

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