Kompromiss bei der Datenspeicherung Verdacht auf Vorrat

BERLIN · Heiko Maas wirkt zufrieden. Der Kompromiss ist geschafft. Über Wochen und Monate hat der Bundesjustizminister nun mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière gerungen, verhandelt und Urteile des Bundesverfassungsgerichts wie auch des Europäischen Gerichtshofes interpretiert.

 Der jahrelange Streit um die Vorratsdatenspeicherung scheint beigelegt. Damit endet auch der Streit zwischen dem Bundesinnenministerium mit Thomas de Maizière (CDU, links) an der Spitze und dem Justizministerium mit Ressortchef Heiko Maas (SPD, rechts).

Der jahrelange Streit um die Vorratsdatenspeicherung scheint beigelegt. Damit endet auch der Streit zwischen dem Bundesinnenministerium mit Thomas de Maizière (CDU, links) an der Spitze und dem Justizministerium mit Ressortchef Heiko Maas (SPD, rechts).

Foto: dpa

Aber jetzt, nach 16 Monaten großer Koalition, haben der SPD-Mann Maas und der CDU-Politiker de Maizière eine Einigung erreicht - in einer sensiblen Angelegenheit: der Vorratsdatenspeicherung.

Noch in der vergangenen Legislaturperiode hatten es Maas' Vorgängerin an der Spitze des Bundesjustizministeriums, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich als ihr CSU-Counterpart vollbracht, sich über vier Jahre in dieser strittigen Angelegenheit zu blockieren. Stillstand.

Die Frage aller Fragen dabei: Wie lange sollen Kommunikationsdaten von Bürgern im Kampf gegen Terrorismus und schwerste Verbrechen auch ohne jeden Verdacht auf Vorrat gespeichert werden? Am Ende war die schwarz-gelbe Koalition ohne Einigung über die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland auseinandergegangen. Das Gesetzesvorhaben musste in die Wiedervorlage - für die große Koalition.

Dabei war die Bundesregierung schon länger in der Pflicht, die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zu überarbeiten. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2010 die seinerzeit geltende Regelung gekippt, weil es darin einen Verstoß gegen das Grundgesetz (Artikel 10: Post- und Fernmeldegeheimnis) sah.

Zudem sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt. Auch der Europäische Gerichtshof kassierte schließlich eine EU-Richtlinie zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung in jeweils nationales Recht. Die Richter in Luxemburg kritisierten vor allem das Ausmaß der Datenspeicherung, also das verdachtslose Aufbewahren aller Daten, das den Bürgern ein Gefühl der ständigen Überwachung ihres Privatlebens gebe. Demnach müsse das verdachtslose Speichern "auf das absolut Notwendige beschränkt" werden.

Maas glaubt nun, im großkoalitionären Zusammenspiel mit de Maizière den Schlüssel zur Lösung gefunden zu haben. Der in seinem Hause verfasste Gesetzentwurf erlaubt zwar weiter die anlasslose, also verdachtslose Speicherung von Kommunikationsdaten, aber der Bundesjustizminister schränkt sowohl den Zeitraum wie auch das Ausmaß der Speicherung ein. So sind E-Mails von der Speicherung komplett ausgenommen, ebenso aufgerufene Internetseiten wie auch der Inhalt der Kommunikation.

Maas gestern in Berlin: "Um die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit in der digitalen Welt zu bewahren, legen wir klare und transparente Regeln zu Höchstspeicherfristen für Verkehrsdaten vor." So sollen vor allem Standortdaten im Mobilfunk künftig nur maximal vier Wochen gespeichert werden dürfen, um von vornherein auszuschließen, dass mit diesen Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden.

Weitere Kommunikationsdaten wie beteiligte Rufnummern oder Zeitpunkt und Dauer eines Anrufs dürfen maximal zehn Wochen festgehalten werden. Danach müssen diese Daten unmittelbar gelöscht werden. Innenminister de Maizière lobte den Kompromiss als fundamentale Verbesserung für die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden. Wollen Ermittler bei Verdacht auf schwerste Gefahren auf die Daten zugreifen, brauchen sie allerdings die Erlaubnis eines Richters. Maas will seinen Gesetzvorschlag nun "zügig" durch das parlamentarische Verfahren schleusen.

Die Grünen sehen auch in dem jetzt vorgelegten Entwurf einen "Angriff auf die Bürgerrechte". Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt erklärte: "Die Vorratsdatenspeicherung greift tief in unsere Rechte ein, ohne terroristische Anschläge zu verhindern." Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), wiederum betonte: "Der Staat wird wieder in die Lage versetzt, den Kampf gegen schwere Verbrechen besser zu führen." Strafermittler könnten künftig leichter auf "beweisführende Daten" zugreifen.

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