Schwarzbuch des NRW-Steuerzahlerbundes Ungebremste Verschwendung

DÜSSELDORF · Die Verschwendung von Steuergeldern in NRW reißt nicht ab. Überflüssige Brücken, teures Lehrgeld beim Lärmschutz, Aussichtspunkte ohne Aussicht - auch das neue Schwarzbuch des NRW-Steuerzahlerbundes listet Sünden von Politik und Verwaltung auf. Das Fazit: Kontrollen haben versagt, Baukosten explodieren, Verantwortung wird verdrängt.

Da soll die "Regionale 2010" mit Aussichtstürmen in Köln und Pulheim einen neuen Blickwinkel auf einen Grünkorridor zwischen Köln und Bonn schaffen. Das Problem: Bei dem 240 000 Euro teuren Projekt von EU, Bund, Land und Kommune fehlte den Planern der Durchblick. Ein "Mehrblick" der Passanten fällt flach: Die Aussichtsplattformen bieten im Vergleich zur ebenen Erde keine zusätzlichen Perspektiven.

Auch in Düsseldorf hat die Steuerverschwendung Methode. Obwohl bereits sechs Brücken für Radfahrer und Fußgänger den Kittelbach überqueren, will die Bezirksvertretung für allein 33 000 Euro Planungskosten eine weitere Brücke errichten. In Köln hat der Lärmschutz-Tunnel an der A1 stolze 200 Millionen Euro verschlungen. Inzwischen sieht selbst das Land ein, dass man die Geräuschbelastung billiger hätte verhindern können. Einen weiteren Tunnel wird es so wohl nicht mehr geben.

Öffentliche Verschwendung überall. An der Uniklinik Düsseldorf geht ein OP-Zentrum wegen Bauverzögerungen zu spät in den Dienst - Kosten: 80 Millionen Euro mehr als geplant. Beim Bau der Fachhochschule Bielefeld sind die Baukosten von 161 Millionen auf 260 Millionen Euro gestiegen. Ein weiterer Punkt in der langen Liste der Versäumnisse des Bau- und Liegenschaftsbetriebes (BLB). "Den Steuerzahlern ist diese landeseigene Geldvernichtungsmaschine nicht mehr zuzumuten", klagt der Verband im Schwarzbuch.

Jährlich sammelt der Steuerzahlerbund Fälle von Verschwendung. Nicht immer sind die Verantwortlichen schuld, wenn es hakt. So wird das Deutsche Fußballmuseum in Dortmund teurer als geplant, weil der Bauunternehmer insolvent wurde. Die Stadt Dortmund und der DFB müssen jeweils 250 000 Euro zuschießen.

In Selfkant, im äußersten Westen des Landes, aber feiert der Unsinn fröhliche Urstände. Dort soll für eine halbe Million Euro "irgendwo im Nirgendwo" (Steuerzahlerbund) ein Erlebnisraum entstehen. Dafür soll der bisher unter einer Hecke verborgene Grenzstein auf einem neuen Platz besonders hervorgehoben werden. Kosten: rund eine halbe Million Euro. Der Steuerzahlerbund zweifelt nicht nur in diesem Fall am gesunden Menschenverstand.

Auch im Nachbarland Rheinland-Pfalz ist der Steuerzahlerbund fündig geworden. Zum wiederholten Male taucht der Nürburgring im Schwarzbuch auf - dort dürfte der Schaden für den Steuerzahler in die dreistellige Millionenhöhe gehen. Als Millionengrab und "finanziellen Alptraum" für die Stadt bezeichnet der Steuerzahlerbund die Ahr-Thermen in Bad Neuenahr. Um das tiefrote Zahlen schreibende Bad zu erhalten, müsse der Steuerzahler rund elf Millionen Euro aufbringen.

Hohe Kosten, umstrittene Betonelemente: Das "Grüne C" in der Kritik

Von einem aufgebauschten Projekt spricht der Steuerzahlerbund beim Landschaftsprojekt "Grünes C", das unter dem Dach der "Regionale 2010" und mit Fördergeldern von Bund, Land und der EU finanziert worden ist. 20 Prozent der Kosten trugen die beteiligten Kommunen bei, wozu Alfter, Bornheim, Bonn, Niederkassel, Sankt Augustin und Troisdorf gehören. Kritisiert wird im Schwarzbuch, dass teure Aussichten geschaffen werden, etwa mit Hochsitzen und anderen Wiedererkennungseffekten. Hochgerechnet rund zwei Millionen Euro haben laut Schwarzbuch die EU, der Bund, das Land NRW und die beteiligten Städte ausgegeben, um das "Grüne C" in Szene zu setzen. "Der berühmte Jakobsweg schafft das mit einer simplen Muschel", so der Steuerzahlerbund.

Das Projekt, das dazu dienen soll, unterschiedliche Landschaftsräume in der Region miteinander zu vernetzen, ist in der Bürgerschaft umstritten: Vor allem die verschiedenen Betonelemente, die eingerichtet worden sind, um auf das "Grüne C" aufmerksam zu machen und den Naherholungssuchenden zu leiten, stoßen weitgehend auf Unverständnis. So etwa in Bonn, wo für das Meßdorfer Feld fast 90 000 Euro für die Betonelemente ausgegeben worden sind. Allerdings reduziert sich das "Grüne C" nicht auf die umstrittenen Betonelemente. Zahlreiche Einzelprojekte in den beteiligten Kommunen wurden umgesetzt, unter anderem die Neugestaltung der Anlegestellen der Mondorfer Rheinfähre oder die "Gärten der Nationen" in Sankt Augustin. Insgesamt kostet die Realisierung rund 25 Millionen Euro.

Das interkommunale Projekt ist 2004 ins Leben gerufen worden, um neben der Verbindung der Landschaftsräume, die auf der Karte an ein "C" erinnern, Identität mit der Region zu stiften und Natur für die Naherholungsuchenden erlebbarer zu machen. Dazu sind an einzelnen Stationen Informationstafeln aufgestellt worden, die Auskunft geben über die Kulturlandschaft und die darin lebende Tierwelt. Übergeordnetes Ziel soll sein, die Kulturlandschaft für die nachfolgenden Generationen zu sichern.

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