Katholische Kirche Studie über Missbrauch wird vorgestellt

Fulda · Am Dienstag soll die Studie über Missbrauch in der katholischen Kirche offiziell vorgestellt werden. Bischof Reinhard Marx verlangt eine intensive Diskussion über das Thema, aber die Opferverbände sind misstrauisch.

Im Skandal um den tausendfachen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen unter dem Dach der Katholischen Kirche sieht der Vorsitzende der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, die Kirche an einem „entscheidenden, wichtigen Wendepunkt.“ Die für den heutigen Dienstag erwartete Veröffentlichung einer Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche „wird und muss zu einer großen, intensiven Diskussion in der Deutschen Bischofskonferenz führen“, sagte Marx am Montag bei der Eröffnung der Herbstvollversammlung der katholischen Bischöfe in Fulda.

In der Kirche sei eine Kultur der Achtsamkeit gewachsen, sie sei aber nicht überall mit der gleichen Wucht und dem gleichen Qualitätsanspruch da. „Die Opfer glauben uns nicht mehr, sie nehmen uns nicht ab, dass wir es ernst meinen“, sagte Marx. „Da müssen wir gemeinsam versuchen, Schritte zu gehen, dass wir dann hoffen dürfen, dass am Ende wieder mehr Vertrauen da ist.“

Marx räumte allerdings auch ein, dass nicht jeder Fall sexuellen Missbrauchs aktenkundig geworden sei. Daran könne er sich selbst erinnern. Vertreter der Missbrauchsopfer warfen der Bischofskonferenz unterdessen vor, dass die Studie so angelegt sei, „dass es verunmöglicht werden soll, Verantwortung sichtbar zu machen“, sagte der Bundesvorsitzende des Eckigen Tischs der Missbrauchsopfer, Matthias Katsch.

Es solle nicht einem Einzelnen konkrete Schuld zugerechnet werden können. Scharfe Kritik äußerte Katsch daran, dass die Bischöfe versuchten, die Opfer zu vereinnahmen. Es sei übergriffig, wenn man den Dialog mit der Formulierung verweigere, man wolle die Opfer ja nicht retraumatisieren. „Wir brauchen eine unabhängige Aufarbeitung im Sinne der Betroffenen, die dazu führt, dass konkrete Fälle geklärt werden und eine Entschädigung der Opfer.“

Online-Petition gestartet

Vertreter des Eckigen Tischs am Bonner Aloysius-Kollegs nannten den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche das größte Verbrechen in der Geschichte der Bundesrepublik. „Die Höhe der Opferzahlen und die kriminelle Energie, mit der Verantwortliche Missbräuche vertuscht und deren Geheimhaltung über das Kindeswohl gestellt haben, findet sich in keinen anderen Institutionen als denen im System der katholischen Kirche“, heißt es in einer Mitteilung.

Unterdessen haben einige Absolventen der bischöflichen Studienförderung „Cusanuswerk“ eine Online-Petition an die Bischöfe gestartet, in der sie unter anderem unabhängige Anlaufstellen für Missbrauchsopfer sowie eine fristlose Entlassung aller Missbrauchstäter forderten, die sich nach wie vor im kirchlichen Dienst befinden.

Das „Cusanuswerk“ ist die Begabtenförderung der katholischen Kirche, viele ehemalige Absolventen nehmen heute prominente Positionen in Politik und Gesellschaft ein. Dass einige seiner Absolventen nun eine Petition starten, zeigt, dass die Debatte um den Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch auch innerhalb der Kirche wieder an Fahrt aufnimmt.

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