Kommentar zu den Raserurteilen Strafe entscheidend

Meinung | Bonn · Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden: Die Urteile wegen Mordes der Berliner Raser sind nicht rechtskräftig. GA-Redakteur Kai Pfundt kommentiert das BGH-Urteil.

Von Anfang an stand die Verurteilung der Berliner Raser wegen Mordes auf schwachen Füßen. Wichtige Mordmerkmale waren den Tätern nicht nachzuweisen – zum Beispiel der Tötungsvorsatz. Zudem konnte der Eindruck entstehen, die Berliner Richter hätten ein Zeichen setzen wollen. In mehreren Fällen waren Raser zuvor nach tödlichen Unfällen vor Gericht mit teilweise lächerlich geringen Strafen davongekommen.

Die Mordinterpretation der Berliner Richter, befand nun der Bundesgerichtshof, gehe zu weit. Die Berliner Raser können jetzt auf eine mildere Strafe hoffen. Frustration und Enttäuschung der Angehörigen des Opfers sind mehr als verständlich. Auch deshalb, weil auf die Berliner Raser noch nicht die signifikante Strafverschärfung angewendet werden kann, die der Gesetzgeber erst als Reaktion auf ihre Tat beschlossen hat.

Aber die richterliche Interpretation von Gesetzestexten hat ihre Grenzen, und das Statuieren von Exempeln gehört nicht zu den Aufgaben von Gerichten. Viel früher handeln müssen hätte der Gesetzgeber. Zu spät sind die Verkehrspolitiker auf die Auswüchse der Tuningszene und die Serie von Raserunfällen aufmerksam geworden, bei denen Unschuldige getötet oder schwer verletzt wurden.

Verpasst wurde auch die Chance, präventiv einzugreifen, also junge Fahrer, die wiederholt mit Tempoverstößen aufgefallen sind, aus dem Verkehr zu ziehen. Ob ein Raserunfall als Mord abgeurteilt wird, ist ohnehin nicht entscheidend. Viel wichtiger ist, dass die Taten so bestraft werden können, dass sich Opfer und Angehörige nicht verhöhnt vorkommen müssen.

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