Bericht zur Rauschgiftkriminalität Stoff aus dem Labor

BERLIN · Die Zahl der Drogentoten ist 2015 zum vierten Mal in Folge gestiegen. Vor allem die neuen pseudolegalen Drogen, die noch nicht vom Betäubungsmittelgesetz erfasst sind, machen Sorgen.

 Ein Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) hält die Droge Crystal in seiner Hand.

Ein Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) hält die Droge Crystal in seiner Hand.

Foto: dpa

Winzige Molekularveränderungen genügen, schon ist die Substanz nicht mehr in einem Anhang des Betäubungsmittelgesetzes der verbotenen Stoffe enthalten, sondern wird zum sogenannten „Legal High“, einer legalen Droge mit aufputschender Wirkung. Holger Münch kann davon gleich reihenweise Beispiele auflisten, die ihm die Chemiker seines Hauses auf den Tisch legen. Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) hat ebenso wie die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), den Herstellern und Dealern dieser neuen Art „psychoaktiver Stoffe“ den Kampf angesagt.

Diese „Legal Highs“ sollen ähnlich wirken wie Cannabis und würden in Labors molekular immer wieder so verändert, dass sie als gerade neu designte, Droge nicht vom Betäubungsmittelgesetz erfasst sind. Und auch dies könnten die Chemiker des BKA erst nachweisen, nachdem sie die Molekularstruktur der Substanz mühsam entschlüsselt hätten.

Ein „Hase-Igel-Spiel“, wie Münch und Mortler derzeit leider feststellen müssen. Der BKA-Präsident und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung wollen nun erreichen, dass diese „Legal Highs“ genannten neuen synthetischen Drogen zu „Illegal Highs“ und damit vom Gesetz erfasst werden. Diesen synthetischen Drogen werden schwere Nebenwirkungen für die Gesundheit ihrer Konsumenten nachgesagt. Die Bundesregierung strebt noch in diesem Jahr ein gesetzliches Verbot dieser „Legal Highs“ an und will dazu in der kommenden Woche einen Gesetzentwurf vorlegen.

Nach dem gestern in Berlin von Mortler und Münch gemeinsam vorgestellten Jahresbericht 2015 zur Rauschgiftkriminalität und den Drogenopfern ist die Zahl der Drogentoten in Deutschland im vergangenen Jahr zum vierten Mal in Folge gestiegen. Demnach starben im vergangenen Jahr deutschlandweit 1226 Menschen (Nordrhein-Westfalen: 182 Drogentote) an den Folgen ihres Drogenkonsums – das sind 18,8 Prozent mehr als 2014 (1032 Drogentoten).

2013 waren es 1002 Drogentote, 2012 starben 994 Menschen an den Folgen von Drogenkonsum. Haupttodesursache war Überdosierungen bei Opiaten wie Heroin oder Morphin, auch in Verbindung mit anderen Substanzen. Dramatisch war 2015 der Statistik zufolge der Anstieg der Todesfälle um 56 Prozent bei den „Legal Highs“. An den Folgen des Konsums dieser synthetischen Drogen starben in Deutschland im vergangenen Jahr 39 Menschen nach 25 Toten im Jahr 2014.

BKA-Präsident Münch machte deutlich, dass sich der Drogenhandel in immer größerem Umfang ins Internet verlagere. „In kürzester Zeit haben sich neue kriminelle Online-Marktplätze gebildet, auf denen Rauschgift und andere kriminelle Waren gehandelt werden“, betonte Münch. Drogenhandel und Drogenschmuggel gehörten unverändert zum Kerngeschäft der Organisierten Kriminalität (OK). Damit werden laut Münch jährlich weltweit rund 320 Milliarden US-Dollar umgesetzt.

Der BKA-Präsident verwies darauf, dass 2015 mit insgesamt drei Tonnen sichergestelltem Kokain eine Rekordmenge in Deutschland aufgebracht wurde. „Vermutlich ist aber auch das nur ein Bruchteil dessen, was auf dem Markt ist.“ Dagegen seien 210 Kilogramm sichergestelltes Heroin der niedrigste Wert seit 30 Jahren, der den Fahndern bei diesem Rauschgift in Hände fiel, sagte Münch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Schlecht für Europa
Kommentar zur Neuregelung der Sozialhilfe für EU-Ausländer Schlecht für Europa