Neues Konzept Stasi-Unterlagenarchiv gehört bald zum Bundesarchiv

BERLIN · Noch immer ist die Nachfrage von Bürgern beim Stasi-Unterlagenarchiv groß. In Zukunft gehört das Archiv zum Bundesarchiv - mit einem neuen Konzept. Der Bundestag muss noch den Zeitpunkt klären.

 Legte seinen letzten Tätigkeitsbericht vor: Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.

Legte seinen letzten Tätigkeitsbericht vor: Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.

Foto: dpa

Es gibt noch immer Arbeit. Mehr als genug. 15.000 Säcke mit im November 1989 im Reißwolf hastig zerstückelten Stasi-Unterlagen lagern weiter in den Kellern des Stasi-Unterlagenarchivs. Hunderttausende Blätter Papier des ehemaligen Überwachungsstaates DDR, in denen die Nachwelt einmal nachlesen soll, mit welchen Methoden die Staatssicherheit Bürgerinnen und Bürger überwacht und unterdrückt hat. Noch ist Roland Jahn gewissermaßen Herr über diese Stasi-Unterlagen.

Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen ist am Mittwoch angetreten, den mittlerweile 14. Tätigkeitsbericht über die Arbeit seiner Behörde vorzulegen. Es dürfte einer der letzten seines Hauses sein. Neben Jahn sitzt der Präsident des Bundesarchivs, Michael Hollmann. Denn: Mit Auftrag vom Juni 2016 hat der Bundestag Jahn beauftragt, gemeinsam mit dem Bundesarchiv in Koblenz ein Konzept zu erarbeiten, wie die Stasi-Unterlagenbehörde „unter das Dach des Bundesarchivs überführt werden kann“, wie Jahn sagt.

Der Bundestag will noch in dieser Legislaturperiode entscheiden, wann das Behördenschild ausgetauscht werden soll. Jahn und Hollmann hoffen, dass der Gesetzgeber schnell entscheidet, denn erstens brauchten die rund 1400 Mitarbeiter der Stasi-Unterlagenbehörde eine „Perspektive“ und zweitens brauche der Bund auch künftig deren gesammelte Kompetenz.

45.000 Anfragen in 2018

Auch 30 Jahre nach der friedlichen Revolution durch die Bürgerinnen und Bürger der DDR wollen Menschen Auskunft, wie sehr die langen Arme der Krake Stasi in ihr Leben eingriff. So lasen 2017 noch 48.000 Menschen in über sie gesammelten Stasi-Akten nach. Im vergangenen Jahr gingen noch gut 45.000 Anträge auf Akteneinsicht ein, etwa 3000 weniger als im Jahr davor. Zudem gingen 2017 und 2018 jeweils 1100 Ersuchen ein, Personen im öffentlichen Dienst und in der Politik auf eine frühere Stasi-Mitarbeit zu überprüfen.

„Das Recht auf den Zugang zu den Akten bleibt unverändert“, betonten Jahn und Hollmann. Auch weiterhin sollen auf der Basis des Stasi-Unterlagengesetzes Anträge auf Akteneinsicht gestellt werden können. Kulturstaatsministerin Monika Grütters, in deren Zuständigkeit Bundesarchiv und Stasi-Unterlagenbehörde liegen, sagte, durch das neue Konzept werde die Aufarbeitung des SED-Unrechts „dauerhaft“ gestärkt: „In Zukunft soll es unter anderem möglich sein, die bislang getrennt aufbewahrten Überlieferungen zur DDR-Geschichte im Stasi-Unterlagenarchiv und im Bundesarchiv an einem gemeinsamen Standort in Berlin zu recherchieren und einzusehen.“

Neues Konzept

Mit dem neuen Konzept für die Stasi-Unterlagen soll am historischen Ort der ehemaligen Stasi-Zentrale – heute Standort des Stasi-Unterlagenarchivs – ein neues Kompetenzzentrum zum Erhalt der Unterlagen aufgebaut werden – mit Werkstätten zur Restaurierung und Digitalisierung. Dort sollen auch zerrissene Stasi-Unterlagen rekonstruiert werden.

Zudem soll in jedem ostdeutschen Bundesland ein Archiv für die Stasi-Unterlagen (Kosten: jeweils zehn bis 20 Millionen Euro) gebaut werden – zusätzlich zu den bisherigen Außenstellen der Stasi-Unterlagenbehörde, die weiter bestehen bleiben, wie Jahn und Hollmann betonten. Der Bundesbeauftragte erinnert daran, „dass diese Unterlagen ein Symbol für die friedliche Revolution sind“. Jahn: „Erfurt, Leipzig, Rostock – es hat in den ostdeutschen Bezirken angefangen.“

Jahn, Nachfolger von Marianne Birthler und Joachim Gauck in diesem Amt, findet: „30 Jahre Arbeit mit den Stasi-Unterlagen sind ein guter Zeitpunkt, um die Weichen für die Zukunft zu stellen.“ Auch für den 65-Jährigen wird dies ein Abschied: „Den Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen wird es so nicht mehr geben.“ Seine Amtszeit endet im Juni 2021. „Danach mache ich eine Weltreise und lasse es mir gut gehen.“

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