Parteien Deutschnationale Töne auf AfD-Parteitag

Stuttgart · Die lautstarken Proteste ihrer Gegner haben vor allem einen Effekt: Sie schweißen die AfD-Mitglieder zusammen. Das kann die Partei gut gebrauchen. Denn an inneren Widersprüchen und Rivalitäten herrscht in dieser Partei kein Mangel.

 AfD-Führung: Frauke Petry, Alexander Gauland und Jörg Meuthen (v.l.) unterhalten sich beim Parteitag.

AfD-Führung: Frauke Petry, Alexander Gauland und Jörg Meuthen (v.l.) unterhalten sich beim Parteitag.

Foto: Marijan Murat

Die AfD hat sich auf ihrem ersten Mitgliederparteitag seit der Spaltung als deutschnationale Anti-Asyl-Partei positioniert. Der Bundesparteitag auf dem Stuttgarter Messegelände wurde am Samstag von massiven Protesten begleitet.

Zu Beginn ihrer Debatte über ein Parteiprogramm bezeichneten mehrere AfD-Mitglieder den Islam als eine Religion, die nicht mit westlichen Werten vereinbar sei. Eine Mehrheit stimmte für einen Antrag, in dem ein EU-Beitritt der Türkei generell ausgeschlossen wird. Die AfD stimmte mehrheitlich gegen eine Bankenunion und für den Rückzug Deutschlands aus der EU, sollte diese sich nicht reformieren.

"Wir Deutschen haben leider immer noch so unsere Probleme, uns als Patrioten zu sehen", sagte der Parteivorsitzende Jörg Meuthen am Samstag in der baden-württembergischen Landeshauptstadt vor mehr als 2.000 Mitgliedern der Alternative für Deutschland. Es sei aber trotz der finsteren Jahre des Nationalsozialismus falsch, sein Land nicht zu lieben.

Meuthen versuchte, die Risse zwischen den verschiedenen Flügeln der Partei zu kitten, indem er die AfD als "freiheitliche" konservative Partei des "gesunden Patriotismus" bezeichnete. Partei-Vize Albrecht Glaser sagte: "Die Schicksalsfrage lautet, wie kann dieses Land, diese Zivilisation, das Weltkulturerbe Deutschland erhalten werden." Glaser wurde von seiner Partei als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl 2017 nominiert.

Nach einer mehrstündigen Debatte über die Tagesordnung begannen die rund 2.000 Parteimitglieder am Nachmittag mit der Abstimmung über das Parteiprogramm.

Nach dem Mitgliederparteitag in Essen im Juli 2015 hatten Bernd Lucke und zahlreiche andere Angehörige des liberalkonservativen Flügels der Partei die AfD verlassen. Seither ist die Partei weiter nach rechts gerückt - vor allem bei den Themen Einwanderung, Asyl und Islam. Von Vertretern des rechtsnationalen Flügels war zuletzt Kritik an Co-Parteichefin Frauke Petry lautgeworden, die eine Abgrenzung nach rechts gefordert hatte.

Unter den rund 1.500 AfD-Gegnern, die rund um das Messegelände demonstrierten, waren viele Linksautonome. Sie riefen "Flüchtlinge bleiben, Nazis vertreiben" und "Wir kriegen euch alle". Die Polizei ging mit Pfefferspray gegen Flaschenwerfer vor und nahm zwischenzeitlich etwa 500 Demonstranten in Gewahrsam. Ein Protestzug in der Stuttgarter Innenstadt verlief friedlich.

Petry sagte, viele AfD-Mitglieder zahlten einen hohen Preis für ihr politisches Engagement. Einige hätten wegen ihrer Parteimitgliedschaft Aufträge oder den Arbeitsplatz verloren. Andere hätten Morddrohungen erhalten.

Petrys Lebensgefährte, der AfD-Europaabgeordnete Marcus Pretzell, kündigte an, er werde sich der ENF-Fraktion im Europäischen Parlament anschließen. Dieser Fraktion gehört die rechtsextreme französische Partei Front National an. Pretzell sagte, die AfD solle eine "Klammer setzen", um langfristig eine Vereinigung aller EU-kritischen europäischen Parteien herbeizuführen.

Der Parteitag billigte die vom Vorstand angeordnete Auflösung des saarländischen Landesverbandes. 51,9 Prozent der Parteimitglieder stimmten dafür. Der Bundesvorstand hatte den Verband wegen Kontakten ins rechtsextreme Milieu aufgelöst. Der rechtsnationale Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke bedauerte die Entscheidung. Er sagte am Rande des Parteitages, die Auflösung eines Landesverbandes sei "ein scharfes Schwert".

Die Debatte über das erste Programm der AfD soll am Sonntag fortgesetzt werden. Die 2013 gegründete Partei ist bundesweit inzwischen in der Hälfte der Landesparlamente vertreten.

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