Hohe Hürden für gemeinsame Regierung Spitzen von Union und SPD skeptisch gegenüber großer Koalition

Berlin · Die Spitzen von Union und SPD äußern sich im Vorfeld des ersten Treffens am Mittwoch skeptisch, was eine gemeinsame Regierungsbildung angeht.

Vor dem ersten Treffen der Spitzen von Union und SPD zu einer Neuauflage der großen Koalition kamen von beiden Seiten skeptische Töne. „Wenn keine Koalition zustande kommt, wird es einen kurzen und intensiven Wahlkampf geben“, sagte der neu gewählte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil unserer Redaktion.

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sprach sich für den Fall, dass die Gespräche scheitern, für eine Minderheitsregierung aus. „Angela Merkel könnte mit all ihrer Erfahrung auch eine Minderheitsregierung führen“, sagte Spahn der „Bild am Sonntag“. Ein Weiter-so wird von allen Seiten abgelehnt. „Es muss eine neue, eine andere Groko werden. Wir brauchen einen Aha-Effekt“, sagte der Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, unserer Redaktion. Dafür bedürfe es einer gemeinsamen Überschrift. Diese könne das Thema „Sicherheit“ sein – soziale wie innere Sicherheit. „Wir müssen wirtschaftliche Prosperität nach vorne stellen, die zum Beispiel verbunden ist mit der Digitalisierung, dem Ausbau von Breitband und Glasfaser."

Während die Sozialdemokraten bei einem dreitägigen Parteitag ihr schlechtes Wahlergebnis aufarbeiteten, einen Erneuerungsprozess in Gang setzen wollen und einen Elf-Punkte-Katalog als Basis für die weiteren Verhandlungen festlegten, kamen die CDU-Gremien am Sonntagabend für entsprechende Beratungen zusammen. Am Mittwochabend wollen sich Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer, SPD-Chef Martin Schulz und SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles treffen. Die eigentlichen Sondierungen sollen aber erst im Januar starten.

Bereits jetzt zeichnen sich etliche Differenzen zwischen Union und SPD ab. Während die Sozialdemokraten den Familiennachzug von Flüchtlingen gestatten wollen, ist die Union dagegen. Zu der von der SPD geforderten Bürgerversicherung sagte CSU-Chef Seehofer dem „Spiegel“: „Ich sehe nicht, wie man sie so umsetzen kann, dass sie nicht für große Ungerechtigkeiten sorgt.“ Auch Rente, Steuern und Energie sind Konfliktthemen.

Eine rasche Regierungsbildung forderte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn. „Union und SPD sollten sich jetzt rasch zusammenraufen und die drängenden Aufgaben bei Justiz und Polizei in Angriff nehmen.“ Bundesweit fehlten Tausende Polizisten, Staatsanwälte und Richter, die deutsche Sicherheitsarchitektur habe nach wie vor föderale Brüche und ein teilweise überkomplexes Strafprozessrecht ziehe Strafverfahren unnötig in die Länge. Rebehn sagte: „Es gibt viel zu tun.“

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