G20-Konferenz in Bonn So lief der erste Tag des Treffens im WCCB ab

Bonn · Zum Auftakt des G20-Außenministertreffens in Bonn gab es manche Panne, manchen Scherz und so manches Missverständnis. Für das Miteinander war all das überaus hilfreich.

Wenn an diesem Morgen Hunderte ausländische Diplomaten in Bonn mit Bauchgrummeln aufgewacht sind, nervös, weil ein Donald Trump die Geometrie der Macht auf diesem Globus durcheinanderwirbelt, unruhig, weil sie nicht wissen, ob sie vom US-Außenminister Rex Tillerson die Zusicherungen bekommen, die sie sich wünschen, dann hat sich zumindest der klare, sonnige Vormittag am Rhein zu einer heiteren Kulisse für das Kräftemessen und Beschnuppern geformt.

Trotz der hochrangigen Gäste ist die Stimmung in der Sperrzone der Polizei entspannt, fast gelöst. Die hohen Sicherheitsvorkehrungen sind kaum zu spüren; (Um)-Wege übers Gelände rund um das Konferenzzentrum geraten für manchen mitgereisten, blassen Berater zum Spaziergang, den er gar nicht übel nimmt.

Das harte G20-Geschäft kündigt sich wie von allein an: mit einem Tross schwarzer Limousinen, die geräuschlos, aber mit einer eiligen Dringlichkeit um das WCCB-Parkhaus gerollt kommen, dass sofort klar ist, dass das "Business" jetzt beginnt. Wer hinter den verspiegelten Scheiben sitzt, ob sein Blick auf die Altbauten links und rechts fällt, was ihn bewegt in seiner Zufahrt auf das diplomatische Parkett - unbekannt.

Viele sind schon einige Stunden vor dem Beginn des Außenministertreffens am frühen Nachmittag da. Die Journalisten sowieso. Gegen 13.45 Uhr kommt Bewegung in die im Untergeschoss des WCCB versammelte Schar, denn es steht Historisches an: das erste Treffen Tillersons mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow.

Durchgang nur mit Zusatzmarke

An der Treppe zum Foyer ist der Treffpunkt, doch längst nicht jeder darf mit. "Nur wer eine Zusatzmarke auf seiner Akkreditierung hat", sagt einer der freundlichen Herren. Und die gibt es nur für jene Kollegen, die von der amerikanischen oder der russischen Delegation eingeladen sind. Selbst Nikolai Dubinin, Fernsehreporter des russischen Senders NTV, darf nicht mit. Dubinin ist ein wenig traurig, ist doch das Treffen Lawrow-Tillerson aus seiner Sicht das wichtigste Ereignis des gesamten G20-Treffens in Bonn.

Ebenfalls noch vor dem offiziellen Beginn des Gipfels war Lawrow mit Sigmar Gabriel, dem anderen Neuling in der Riege der Außenminister, zusammengekommen. Und der forderte den Vertreter Moskaus ohne diplomatischen Schnickschnack dazu auf, auf die Separatisten in der Ost-Ukraine einzuwirken, um den in der Minsker Kontaktgruppe vereinbarten Rückzug von Waffen aus den Konfliktgebieten "vollständig umzusetzen", wie es anschließend aus Teilnehmerkreisen hieß.

Um 15.30 Uhr sind die bilateralen Treffen erst einmal vorbei. In Limousinen fahren die Minister vor, gehen ein paar Schritte durch den Bonner Regen, bevor sie von Gabriel empfangen werden. Doch einer war schneller als der Gastgeber. Der Brite Boris Johnson hat sich an allen vorbeigeschlichen und erscheint plötzlich eine Etage höher. Die Menge regt sich. Die Fotografen rufen ihm zu. Dann aber wird es offiziell. Vor dem roten Teppich spricht Gabriel davon, das Treffen am Standort der Vereinten Nationen sei deshalb so wichtig, weil es "ein Signal der internationalen Zusammenarbeit sendet, wo es doch sehr viele Bewegungen gibt, die versuchen sich abzuschotten, nationale Alleingänge machen."

Jeden Gast begrüßt er einzeln. Mit dem französischen Außenminister, Jean-Marc Ayrault, ist die Begrüßung vertrauter. Immer wieder knetet sich Gabriel die Finger, wartet auf den nächsten Handschlag. Bei Johnsons Auftritt klicken die Verschlüsse der Kameras - anstatt viele Worte zu wechseln, posieren die beiden Politiker für die Fotografen. Die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland nutzt das Zusammentreffen, um sich für das Handelsabkommen Ceta auszusprechen - beide Minister strecken den Daumen hoch in die Kameras.

"A great pleasure"

Der türkische Minister Mevlüt Cavusoglu spricht länger als die anderen mit Gabriel. Dann folgt Tillerson. Die Rufe der Fotografen werden lauter. "It is a great pleasure", sagt der Deutsche zu seinem Kollegen. Mit Lawrow, einem der letzten Außenminister auf dem roten Teppich, erlaubt sich Gabriel einen kleinen Scherz. "In Germany, we say, who cames last, will be the first." Also: Die Letzten werden die Ersten sein. Beide lachen.

Aber auch für die Politiker kann das Zeremoniell der Veranstaltung für Verwirrung sorgen. EU-Vertreterin Federica Mogherini läuft nach dem Handschlag in die falsche Richtung. Brasiliens Minister José Serra steuert zunächst die wartenden Journalisten an, ehe er Gabriel bemerkt. Annäherung in Zeiten der Krisen und Konflikte, die darf auch ruhig mal holprig verlaufen. Zum Kennenlernen gehören kleine Pannen dazu. Harmonischer verläuft laut Gabriel die erste Arbeitssitzung. "Ein hohes Maß an Übereinstimmung" erkannte er in den Reihen seiner Kollegen bei der Frage, wie die Armut in der Welt bekämpft werden kann. Statt zuerst an die Erhöhung des Verteidigungsetats zu denken, sei es wichtiger, Geld für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. "Das trägt meistens mehr zur Stabilisierung bei", sagte er am Abend. Die vielen in Bonn ansässigen Organisationen aus diesem Feld werden es gern gehört haben.

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