Soli nur für Gutverdiener Schulz will Spitzensteuersatz erst ab 60 000 Euro

Berlin · Steuersenkungen und weniger Sozialabgaben nicht mit der Gießkanne, sondern gezielt für untere und mittlere Einkommen. Das verspricht die SPD - und fordert die Union auf, jetzt ebenfalls zu liefern.

 SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bei der Präsentation des neuen Steuerkonzepts.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bei der Präsentation des neuen Steuerkonzepts.

Foto: Kay Nietfeld

Vor allem über die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages ab 2020 versprechen die Sozialdemokraten Steuerentlastungen von mindestens 15 Milliarden Euro pro Jahr. Geringverdiener sollen zudem von niedrigeren Sozialabgaben profitieren - bezahlt aus Haushaltsmitteln.

"Wir haben solide gerechnet und versprechen nichts, was wir nicht halten können", sagte SPD-Kanzlerkandidat und Parteichef Martin Schulz bei der Vorstellung des Steuerkonzepts für die Bundestagswahl. Zusammen mit den stellvertretenden Parteivorsitzenden Olaf Scholz und Thorsten Schäfer-Gümbel kündigte Schulz für den Fall eines SPD-Wahlsieges zusätzliche Investitionen von 30 Milliarden Euro unter anderem in Schulen, für kostenlose Kita-Plätze und in die Verkehrsinfrastruktur an.

Allein der Wegfall des "Soli" für untere und mittlere Einkommen soll nach Darstellung der SPD die Steuerzahler ab 2020 um zehn Milliarden Euro entlasten. Dafür sollen die Freigrenzen angehoben werden, ab denen der Zuschlag erhoben wird. Heute wird der "Soli" erst ab einer Freigrenze von 972 Euro für Ledige fällig.

Zugleich soll der sogenannte Spitzensteuersatz von 42 Prozent für Ledige erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60 000 Euro greifen und nicht wie bisher bei rund 54 000 Euro. Dies entlaste Arbeitnehmer um weitere zwei Milliarden Euro, heißt es.

Um dies finanzieren zu können, soll der Spitzensteuersatz auf 45 Prozent angehoben werden, der dann ab 76 200 Euro zu versteuerndem Einkommen für einen Single greift. Auch die sogenannte Reichensteuer von drei Prozentpunkten auf den Spitzensteuersatz soll ab 250 000 Euro fix erhoben werden.

Geringverdiener bis zu einem Monatseinkommen von 1300 Euro sollen zudem bei den Sozialbeiträgen entlastet werden. Die paritätische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung soll wieder eingeführt werden - Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen also wieder gleich hohe Beiträge. Arbeitnehmer würden allein dadurch um weitere fünf Milliarden Euro pro Jahr entlastet, verspricht die SPD.

Um Familien mit Kindern zusätzlich zu entlasten, sollen Kita-Gebühren schrittweise abgeschafft werden. Am Ehegattensplitting soll für bestehende Paare nicht gerüttelt werden. Eingeführt werden soll ein Familientarif: Der Ehepartner mit dem höheren Einkommen kann danach einen Betrag von bis zu 20 000 Euro auf seinen Partner übertragen. Zusätzlich soll jedem Elternteil pro Kind 150 Euro Abzug von der Steuerlast als Kinderbonus gewährt werden. Für einkommensschwache Familien sollen Kindergeld und -zuschlag zu einem erweiterten Kindergeld zusammengefasst werden.

Ihr komplettes Wahlprogramm will die SPD am kommenden Sonntag (25. Juni) auf ihrem Bundesparteitag in Dortmund verabschieden. Parteivize Schäfer-Gümbel sagte, es werde keine Entlastungen mit der Gießkanne geben. Er rief die Union auf, sich endlich an dem Wettbewerb der Parteien um bessere Ideen zu beteiligen und sich Zukunftsfragen nicht weiter zu verweigern. Scholz betonte: "Wer sich um Thema "Soli" herumdrückt, kann kein seriöses (...) Steuerkonzept vorlegen. Wir haben uns nicht gedrückt."

Bisher haben CDU und CSU Steuersenkungen von 15 Milliarden Euro ab 2017 und eine schrittweise Abschaffung des "Soli" bis zum Jahr 2030 in Aussicht gestellt. Über Details ist die Union noch uneins.

Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte, die Bürger hätten nach acht wirtschaftlich erfolgreichen Jahren mit steigenden Steuereinnahmen einen Anspruch auf Entlastung: "Herr Schulz zielt populistisch auf Reiche, wird aber mit Wucht den Mittelstand und die Sparer treffen." Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) kritisierte, die SPD bringe wieder Steuererhöhungen ins Spiel, was gerade für die Leistungsträger der Gesellschaft schlecht sei: "Am Ende wieder typisch SPD: klassische Umverteilung."

Die Spitzenkandidatin der Linken, Sahra Wagenknecht warf der SPD vor, vor "der Kampagne der Mächtigen und Reichen eingeknickt" zu sein. Größere Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen sind im SPD-Steuerkonzept Fehlanzeige, das vorgeschlagene Investitionsprogramm sei viel zu klein und unsolide finanziert.

Weitere Infos

  • Die SPD-Steuerpläne könnten Gering- und Durchschnittsverdiener klar entlasten, wenn sie umgesetzt würden. Dies geht aus Berechnungen des Finanzwissenschaftlers Frank Hechtner hervor, die dem "Handelsblatt" vorliegen. Ein alleinstehender Geringverdiener ohne Kinder mit einem Monatseinkommen von 750 Euro hätte demnach künftig etwa 264 Euro im Jahr mehr in der Geldbörse, vor allem dank sinkender Sozialabgaben. Bei 3000 Euro monatlich wären es dem Bericht zufolge gut 209 Euro.

Ein Gutverdiener mit 5000 Euro Bruttomonatseinkommen hätte 562 Euro mehr in der Tasche. Ein Ehepaar mit zwei Kindern und jeweils etwa 750 Euro Monatsverdienst behielte unterm Strich im Jahr 526 Euro mehr.

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