Bayerischer Ministerpräsident unter Druck Scharfer Gegenwind für CSU-Chef Horst Seehofer

München · Immer mehr Bezirksverbände der CSU stellen immer lauter die Frage, ob ihre Partei noch den richtigen Vorsitzenden hat. Wie fest Horst Seehofer noch im Sattel sitzt, klärt sich am Montag.

 Ungewohnte Kritik aus der Partei: Horst Seehofer.

Ungewohnte Kritik aus der Partei: Horst Seehofer.

Foto: dpa

Es klingt wie das Pfeifen im Wald, wenn Horst Seehofer meint, er könne eigentlich gar keinen Druck spüren. Dabei vergeht inzwischen kaum noch ein Tag, an dem die politische Zukunft des CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten von einem seiner Bezirks-, Kreis- oder Ortsverbände nicht infrage gestellt wird.

Nun hat eine Mehrheit der Kreisvorsitzenden in München einen personellen Neuanfang gefordert. Damit sind es nach der Oberpfalz und Oberfranken schon drei der mächtigen Bezirksverbände, die Seehofer die Gefolgschaft verweigern. Der CSU-Chef geht angeschlagen in die Jamaika-Sondierungen im Bund. Wie fest er überhaupt noch im Sattel sitzt, wird am nächsten Montag im Parteivorstand geklärt. Es werde dort ordentlich krachen, sind sich Mitglieder der CSU-Spitze sicher.

Seehofer-Vertraute sind sauer. „Kontraproduktiv“ und „unfair“ seien die Rücktrittsforderungen zum jetzigen Zeitpunkt, moniert CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Er spielt auf die Situation in den Vorsondierungen an, in der es ganz besonders auf die Standfestigkeit des wichtigsten CSU-Vertreters ankommt. Nun wird ihm andauernd vors Bein getreten.

"Wenigstens temporär zusammenhalten"

Wie groß der Druck Seehofer schon jetzt belastet, lässt sich an einer Fehlentscheidung ablesen. Als er sein Verhandlungsteam für die Koalitionsbildung in Berlin zusammenstellte, dachte er an „jeden, der in der CSU Verantwortung trägt“. Also neben Dobrindt, seinem Generalsekretär und den Bundesministern auch an so klangvolle Namen wie Angelika Niebler, Kurt Gribl und Barbara Stamm. Nur einer fehlte: Markus Söder, der mächtige Finanzminister, Bezirkschef und aussichtsreichster Favorit für die Seehofer-Nachfolge.

Von allen CSU-Politikern hatte Seehofer gefordert: „Jetzt für einige Wochen den Versuch machen, wenigstens temporär zusammenzuhalten.“ Schon diese Wortwahl zeigt das Ausmaß des Schlamassels, der mit dem Absturz der CSU auf 38,8 Prozent bei der Bundestagswahl über die Partei gekommen ist. Versuchen, wenigstens temporär zusammenzuhalten – so tönt kein brüllender bayerischer Löwe, das klingt eher nach dem Fiepen einer Maus, die ahnt, im nächsten Augenblick verschwinden zu müssen.

Schon wird darüber spekuliert, den CSU-Parteitag von Mitte November bis in die Vorweihnachtszeit zu verschieben, damit Seehofer Gelegenheit hat, mit einem guten Verhandlungsergebnis vor die Delegierten zu treten. Doch er sieht sich durch die ständigen Querschüsse in der extrem schwierigen Jamaika-Sondierungsphase einem herannahenden Vier-Fronten-Krieg ausgesetzt: Er muss sich nicht nur gegen die Schwesterpartei, den Lieblingspartner FDP und das Schreckgespenst Grüne durchsetzen, sondern auch die eigenen Leute bei Laune halten.

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