Parteitag der Sozialdemokraten SPD diskutiert und wählt Klingbeil zum Generalsekretär

BERLIN · Gleich zum Auftakt von Tag zwei des SPD-Parteitags machte Andrea Nahles deutlich, dass die SPD gebraucht werde. Ein großer Teil der Delegierten steht einer möglichen großen Koalition aber weiter skeptisch gegenüber.

 Erst mal ein Selfie mit einer Parteifreundin: Der neue Generalsekretär Lars Klingbeil.

Erst mal ein Selfie mit einer Parteifreundin: Der neue Generalsekretär Lars Klingbeil.

Foto: dpa

Erneuerung geht auch mit dem Zollstock. Lothar Binding ist mit einem roten Metermaß ans Rednerpult getreten. Es geht um die Vermessung der Gerechtigkeit. Die knapp 600 Delegierten des SPD-Parteitages sind sofort hellwach. Jaja, vier Zentimeter Gerechtigkeit für Arbeitnehmer, zwei Meter für Manager. Binding formt den Zollstock zum rechten Winkel. Er sagt: „Wer sagt, er will links abbiegen, der muss dann auch links fahren.“ Applaus. Denn nach fünf Stunden Aussprache am Donnerstag und der Debatte über diverse Anträge am Freitag hält sich bei einem nicht unerheblichen Teil der Delegierten die Skepsis über einen möglichen Eintritt in eine nächste GroKo.

Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles macht denn auch gleich zum Auftakt von Tag zwei dieses Parteitages deutlich: „Die SPD wird gebraucht, und das ist kein schlechtes Gefühl.“ Zugleich betont sie, dass die SPD bei ihrem Parteitag keine Bedingungen für eine Koalition formuliert habe. Die Delegierten hätten „essenziell wichtige Punkte für uns definiert“. Dazu gehöre auch die Bürgerversicherung.

In den „essenziellen“ Punkten ihres Leitantrages führt die SPD unter anderem bezahlbares Wohnen, eine Solidarrente oder die Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit auf. Nahles sagt aber auch: „Aber man geht nicht in Verhandlungen mit einem riesen Rucksack von roten Linien. Dann kann man das sich mit den Verhandlungen auch sparen.“

Der Ausgang der Bundestagswahl sei auch „Ausdruck tiefer Zerrissenheit und der Spaltungslinien unserer Gesellschaft“. Wichtigste Aufgabe der Bundestagsfraktion werde sein, ein politisches Angebot an all jene zu machen, „die ,wir' und nicht ,ich' wieder größer schreiben wollen“. Parteichef Martin Schulz verteidigt nochmals seinen Vorstoß, bis 2025 die Vereinigten Staaten von Europa zu schaffen, auch um zu verhindern, „dass die Marktradikalen sich Europa einverleiben“.

Der neue SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagt mit Blick auf das Ergebnis der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl: „20,5 Prozent sind ein Auftrag an unsere Partei, dass wir diese Erneuerung jetzt ernsthaft angehen.“ Klingbeil will die SPD zu einer „modernen, digitalen Partei“ machen und sie auch regional besser aufstellen. „Ich will mich nicht damit abfinden, dass es ganze Landstriche gibt, in denen die SPD nicht mehr vertreten ist.“ Die Delegierten wählen den 39-jährigen Niedersachsen, Mitglied des konservativen Seeheimer Kreises, mit 70,6 Prozent zum neuen Generalsekretär.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort