Kommentar über Absagen an Koalitionsgespräche Redet miteinander!

Meinung | Bonn · Gerade in Zeiten wie dieser sollten etablierte Parteien alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, es gehe ihnen zuerst um die Partei, kommentiert GA-Korrespondentin Eva Quadbeck.

 Die CDU-Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bernd Althusmann, Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen, kommen zu einer Pressekonferenz in der CDU-Parteizentrale in Berlin nach der Landtagswahl in Niedersachsen. Die CDU rutschte in Niedersachsen mit 33,6 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis seit 1959 ab.

Die CDU-Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bernd Althusmann, Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen, kommen zu einer Pressekonferenz in der CDU-Parteizentrale in Berlin nach der Landtagswahl in Niedersachsen. Die CDU rutschte in Niedersachsen mit 33,6 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis seit 1959 ab.

Foto: picture alliance / Bernd von Jut

Immer häufiger passiert es, dass sich nach einer Wahl eine Partei sofort in die Opposition verabschiedet, obwohl es eigentlich die Möglichkeit zur Regierungsbeteiligung gibt: Die SPD in NRW, die SPD auf Bundesebene und die FDP in Niedersachsen.

Freilich gibt es in allen drei Fällen gute Gründe dafür. Dennoch ist es nicht akzeptabel, dass Parteien, nur weil sie ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreicht haben, rufen: Der Wähler will uns in der Opposition sehen. Denn wenn diese Beispiele Schule machen, werden die Regierungsbildungen noch schwieriger und die daraus entstehenden Regierungen instabiler.

Wenn die Wähler entscheiden, die Parlamente bunter, radikaler und mit wechselnden Mehrheiten auszustatten, dann ist das vor allem für die etablierten Parteien eine große Herausforderung. Sie sollten sie annehmen.

Eine Opposition ist wichtig

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Selbstverständlich können, dürfen und müssen Parteien von Zeit zu Zeit eine Erneuerung in der Opposition durchlaufen. Wenn eine Regierung bei einer Wahl eine Klatsche erhalten hat, wie die große Koalition am 24. September, dann ist es richtig, dass sich zumindest ein Koalitionspartner aus dem Bündnis zurückzieht.

Ansonsten setzen sich die Verantwortlichen auch dem Vorwurf aus, nur an ihren Posten zu hängen. Grundsätzlich sollte aber die alte Weisheit des früheren SPD-Chefs Franz Müntefering gelten: Opposition ist Mist. Wer sich wählen lässt, muss den Anspruch haben zu gestalten beziehungsweise in einer Regierungskoalition mitzugestalten.

In Niedersachsen sind die Parteien noch im alten Lagerdenken der 90er Jahre verhaftet, wenn die Sozialdemokraten alles außer Rot-Grün für sehr schwierig halten und die Liberalen erst gar nicht mit SPD und Grünen reden wollen. Es gibt bestimmt viele gute Gründe, warum Grüne und Liberale in Niedersachsen – anders als in anderen Bundesländern – keine Koalition schmieden können.

Koalitionen sind kein Wunschkonzert

Auch sind sich Union und SPD im Wahlkampf so heftig angegangen, dass es ihnen sicherlich Mühe macht, nun zusammenzukommen. Sprechfähig untereinander müssen Demokraten aber bleiben. Schließlich sind Koalitionen keine Wunschkonzerte. Ein Bündnis mit einer anderen Partei kategorisch ausschließen sollten Demokraten nur, wenn sie die anderen nicht für Demokraten halten.

Wer sich nach inhaltlicher und nicht parteitaktischer Abwägung gegen eine Regierungsbeteiligung entscheidet, kann erhobenen Hauptes in die Opposition gehen. Dann aber bitte konsequent. Nach einer solchen Entscheidung noch um Versorgungsposten zu schachern, wie die SPD gerade im Bundestag um einen zweiten Vizepräsidenten-Posten, schadet dem Ansehen der Parteien.

Gerade in Zeiten, da die politischen Ränder stärker werden, sollten die etablierten Parteien alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, ihnen gehe es zuerst um die Partei – und dann erst ums Land.

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