Schwerpunkt Dresden Rechte Gewalt in Sachsen weiter auf "sehr hohem Niveau"

Dresden · Erstmals seit 2012 ist die Zahl rechter Angriffe in Sachsen im vergangenen Jahr wieder leicht gesunken. Insgesamt wurden von der Opferberatung RAA 437 Fälle gezählt, 40 weniger als im Jahr zuvor. Jedoch habe die Zahl der von rechter und rassistischer Gewalt betroffenen Menschen zugenommen.

 Blick auf den ausgebrannten Dachstuhl einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen (Sachsen).

Blick auf den ausgebrannten Dachstuhl einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen (Sachsen).

Foto: Christian Essler/Archiv

Das sagte RAA-Fachreferentin Andrea Hübler am Dienstag in Dresden. Waren im "Rekordjahr" 2015 noch 654 Menschen Ziel solcher Angriffe, gab es im vergangenen Jahr 685 Betroffene. Zumeist habe es sich um Körperverletzungen (301 Fälle) und Nötigungen oder Bedrohungen (103) gehandelt. "Es ist nach wie vor ein sehr hohes Niveau und nach wie vor kein Grund zu entwarnen", sagte Hübler.

Schwerpunkt rechter Gewalt sei mit 114 Fällen nach wie vor Dresden - "mit einem deutlichen Vorsprung vor den anderen Regionen". In Leipzig wurden 50 Fälle registriert. Als neuer Hotspot habe sich der Landkreis Bautzen mit einer Verdreifachung der Fälle erwiesen.

Insgesamt sei Rassismus in 306 Fällen das mit Abstand häufigste Tatmotiv gewesen. In 105 Fällen richteten sich die Angriffe den Angaben zufolge unter anderem gegen Alternative oder allgemeine politische Gegner. "Wir haben 2016 19 Brandstiftungen auf Asylunterkünfte gezählt. Das sind genau so viele wie 2015."

Die Zahlen der RAA unterscheiden sich in der Regel von der offiziellen Kriminalstatistik. Das liegt unter anderem an abweichenden Bewertungskriterien und daran, dass nicht alle Opfer rechter und rassistischer Gewalt auch wirklich eine Anzeige bei der Polizei erstatten. Laut Hübler liegt die Quote bei etwa 75 Prozent.

In Thüringen werden nach Erkenntnissen der Opferberatungsorganisation ezra zunehmend Kinder und Jugendliche Opfer rechter Gewalt. Hätten die Berater 2015 noch 14 Angriffe auf diese Altersgruppe gezählt, seien es 2016 insgesamt 31 Fälle gewesen, sagte die ezra-Projektkoordinatorin Christina Büttner in Erfurt.

Häufig würden die Kinder und Jugendlichen in der Schule oder auf dem Schulweg angegriffen. Viel zu oft würden solche Vorkommnisse auch von Lehrern nicht ernst genug genommen. Wenn sich Betroffene an Hilfsorganisationen wie ezra wendeten, sei es deshalb in der Regel "schon sehr schlimm".

Insgesamt hat ezra 2016 nach eigenen Angaben 160 rechtsmotivierte Übergriffe in Thüringen gezählt. 2015 waren es 121. Das 2011 geschaffene Hilfsangebot von ezra richtet sich an Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Das Projekt wird von der evangelischen Kirche getragen.

Die ezra-Daten unterscheiden sich von den Zahlen der Polizei. Ein Grund dafür liegt daran, dass nicht alle Opfer rechter Angriffe, die sich ezra anvertrauen, auch Anzeige bei den Behörden erstatten.

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