Diesel-Affäre Prämien fürs Verschrotten von Diesel-Fahrzeugen

Frankfurt/Main · Die Angebote von VW zeigen, wie die Autobauer sich eine Flottenerneuerung vorstellen und Fahrverbote vermeiden wollen. Experte kritisiert die Vorhaben als Konjunkturprogramm.

 VW legt im Zuge des Diesel-Skandals neue Angebote vor. Foto: dpa

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Fahrverbote werden in einigen Städten bald umgesetzt, doch wie es weitergeht in der Diskussion um Diesel und Umrüstung, das ist immer noch nicht klar. Einige Hersteller bieten inzwischen wieder Umtauschprämien an. Am Donnerstag hat VW seine Angebote vorgelegt.

Was bietet Volkswagen?

Die Wolfsburger wollen von sofort an eine Prämie zahlen, wenn Kunden ihren alten Diesel zurückgeben und dafür einen Neu- oder Jahreswagen der Marken Audi, Seat, Skoda oder VW kaufen. Das gilt bundesweit für alte Diesel beliebiger Hersteller, also nicht nur aus dem VW-Konzern. Beim Kauf eines neuen Modells zahlt VW dann eine „Umweltprämie“ von bis zu 10 000 Euro – je größer das Modell, desto höher ist die Prämie. „Mit den attraktiven Angeboten können unsere Kunden ein neues Auto zum Teil günstiger finanzieren als ihr altes“, sagt Marc Langendorf, Sprecher von VW. „Diese Maßnahmen zur Flottenerneuerung sind die beste Lösung, um schnell Erfolge bei der Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten zu erzielen“. Der Autobauer verfolge hier das gleiche Ziel wie die Bundesregierung, Fahrverbote für Dieselfahrer möglichst zu vermeiden. In den 14 Städten und angrenzenden Landkreisen, in denen die Schadstoffbelastung in der Luft besonders hoch ist, bietet der Autohersteller zusätzliche Prämien an. Hier erhalten die Besitzer von Euro-4- und Euro-5-Fahrzeugen Rabatte, die zusätzlich zum Restwert gewährt würden. Die Rabatte beziehen sich auf den Listenpreis der Fahrzeuge. Die Händler könnten, so VW, auch künftig diese vom Hersteller gewährten Nachlässe mit zusätzlichen Rabatten kombinieren

Gibt es andere Hersteller, die schon ähnliche Rabatte anbieten?

Daimler will ebenfalls Preisnachlässe gewähren – auch für Dieselfahrzeuge aller Marken mit der Abgasnorm Euro 1 bis 4, und ebenso sollen in den 14 Regionen, die besonders belastet sind, die Besitzer von Euro-5-Dieseln in den Genuss dieser Prämien kommen, die sich zwischen 3000 und 10 000 Euro bewegen – abhängig vom Modell, das der Kunde kauft. Seit August 2017 biete Daimler zudem einen „Wertausgleich“ von 2000 Euro beim Kauf eines Neufahrzeugs. Den erhalten aber nur Fahrer von Euro-1- bis Euro-3-Autos. Und Bedingung ist, dass diese verschrottet werden. Bundesweit, also auch außerhalb der Schwerpunktregionen, erhalten Fahrer für Diesel der Abgasnormen Euro 1 bis 4 beim Kauf eines Mercedes-Benz einen Rabatt von 2000 Euro.

Was machten die anderen Hersteller?

Die Münchener wollen in den 14 Schwerpunktregionen 6000 Euro Rabatt gewähren, wenn Käufer eines Neuwagens einen Diesel Euro 5 ersetzen. Die ausländischen Hersteller konzentrieren sich nicht auf die 14 Regionen mit hoher Schadstoffbelastung, sondern bieten ihre Rabatte bundesweit an. Die belaufen sich auf Summen zwischen 6000 und 10 000 Euro, Opel, Peugeot und Citroen ausgenommen.

Bringt das was?

Das sei ein Konjunkturprogramm für die Autoindustrie, moniert Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte der Universität Duisburg-Essen. Die Autohersteller könnten so ihren lahmenden Absatz ankurbeln. Er plädiert für Hardware-Nachrüstungen. Gegen die aber wehrt sich die Autoindustrie weiterhin hartnäckig: Es gebe noch nicht die passenden Systeme, sagen sie. Zahlen wollen sie erst recht nicht dafür. Und außerdem ist noch nicht klar, wenn es denn doch dazu kommen sollte, wer denn die Gewährleistung auf die Umrüstung trage. Die Autobranche plädiert stattdessen für einen Ersatz der alten Fahrzeuge. Dann habe sich in zwei bis drei Jahren die Schadstoffdiskussion erledigt.

Welche Fahrzeuge eignen sich denn?

Autofahrern empfiehlt der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) 61 Modelle, die einen geringen Schadstoffausstoß und Verbrauch haben. Darunter sind 21 Benziner, acht Benzin-Hybride, sieben reine Elektroautos, zwei Plugin-Hybride und ein Erdgasauto. Dass es nicht mehr Elektroautos sind, liege an der langen Lieferzeit. Der VCD hat nur diejenigen berücksichtigt, die in weniger als sieben Monaten beim Käufer sind.

Wie reagieren die Autohersteller auf die Diskussion?

Sie fordern mehr Sachlichkeit. VW-Chef Herbert Diess sieht einen „Feldzug gegen individuelle Mobilität“, Bernhard Mattes, Präsident des Branchenverbands VDA, meint, die öffentliche Debatte erzeuge zuweilen den Eindruck, das Auto sei eine aussterbende Spezies. Und der Porsche-Chef Oliver Blume, der kürzlich den Ausstieg des Sportwagenbauers aus dem Diesel angekündigt hatte, möchte „aufhören mit dieser ganzen Diskutiererei“.

Was tut die Politik?

Die Bundesregierung hat bisher noch nicht deutlich gemacht., wie sie konkret ihr „Diesel-Konzept“ umsetzen will. „Ich bin beunruhigt, dass alles so lange dauert und dass man mit großem Tamtam einen Beschluss verkündet, der aber offenbar noch gar nicht ausgearbeitet war“, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Herrmann von den Grünen am Donnerstag vor Beginn der Verkehrsministerkonferenz. Denn schließlich drohen in Stuttgart etwa zum Jahresbeginn Fahrverbote für Diesel bis zur Schadstoffnorm Euro 4. Da gelte es jetzt schnell zu handeln.

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