Treffen auf dem Petersberg "Petersburger Dialog" soll Freundschaft kräftigen

Moskau · Russland arbeitet daran, die deutschen Positionen zu Donbas und Krim aufzuweichen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wladimir Putin fehlen auf dem „Petersburger Dialog“ in Königswinter.

 Aus der Vogelperspektive: Das frisch renovierte Grandhotel Petersberg.

Aus der Vogelperspektive: Das frisch renovierte Grandhotel Petersberg.

Foto: Frank Homann

Die große Versöhnungsfeier gibt es nun doch noch nicht. Kanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin werden nicht an dem am Donnerstag in Königswinter startenden „Petersburger Dialog“ teilnehmen. Obwohl ihr erster gemeinsamer Auftritt bei dem deutsch-russischen Gesprächsforum seit der Krimkrise 2014 monatelang annonciert wurde. Statt ihrer halten die Außenminister Sergej Lawrow und Heiko Maas zumindest ein bisschen Hof.

Es ist der 18. „Petersburger Dialog“, ein Forum, das 2001 von Putin und dessen Männerfreund Gerhard Schröder ins Leben gerufen wurde, um die deutsch-russische Freundschaft zu kräftigen. Vertreter der deutschen Zivilgesellschaft kritisieren das Forum allerdings. Vor allem, weil sie dort nur selten auf ihresgleichen stoßen, sondern auf Talkshow-gestählte russische Politiker, deren Diskussionsziel oft weniger der Gewinn neuer Erkenntnisse zu sein scheint, als das Verlangen, Recht zu behalten.

Seit 2014 ist das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland gespannt, bisweilen feindselig. Eine Frage des Prinzips: Russland annektierte erst die Krim, zettelte dann in der Ostukraine separatistische Aufstände an, die im Donbas zum Krieg ausarteten. Aus russischer Sicht eine Antwort auf die Einflussnahme der von Deutschland geführten EU auf die Ukraine und auf ihre Unterstützung für den Maidan-Aufstand. Aus deutscher Sicht schwere Verstöße gegen das internationale Recht. Die deshalb verhängten EU-Sanktionen gegen Russland sind bis heute in Kraft. Und ein Ende des Donbas-Konflikts ist nicht in Sicht.

In Moskau aber ist man entschlossen, wieder Recht zu behalten. Und man arbeitet seit Jahren daran, die deutschen Positionen zu Donbas und Krim aufzuweichen.

Auf der offiziellen diplomatischen Bühne fordert Russland Verhandlungen. Das Land verhandelt auch, Putin empfängt deutsche Außenminister, aber auch Innenpolitiker wie Horst Seehofer. Weniger offiziell aber setzt Russland inzwischen eine sehr eigene „Soft Power“ gegenüber dem Westen, also auch Deutschland, ein. Russische Staatsmedien wie der TV-Sender „Russia Today“ oder die Agentur „Sputnik“ berieseln das deutsche Publikum nach dem Motto: Ihr versinkt im Migrantenchaos, Putins Russland aber ist ein geordneter Sozialstaat.

Dazu kommen Berliner Internetmedien, die „Ruptly“ oder „Redfish“ heißen, ebenfalls vom russischen Staat bezahlt werden und mit ihrer Berichterstattung Misstrauen und Konflikte innerhalb der deutschen Gesellschaft schüren. Nach Angaben der Digitalschutzplattform „SafeGuard Cyper“ verbreiteten außerdem Trolle und Bots vor der Europawahl in der gesamten EU antieuropäische Inhalte, nutzten dabei über eine halbe Million Sozialnetzkonten russischen Ursprungs.

Es herrscht Unklarheit darüber, wie sich die AfD finanziert, aber Lieblingsreiseziel ihrer Bundestagsabgeordneten ist laut „Tagesspiegel“ Russland. Und der AfD-Parlamentarier Markus Frohnmeier erklärt: „Die Krim ist jetzt die russische Krim."

Russland besitzt in Berlin inzwischen eine Lobby weit jenseits der Rechtspopulisten. Gregor Gysi, Altkanzler Schröder, FDP-Vize Wolfgang Kubicki, auch die Ministerpräsidenten mehrerer ostdeutscher Bundesländer fordern eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland. Ganz zu schweigen vom Verband der Deutschen Wirtschaft.

Dabei gilt den Russen der gemeinsame Bau der Ostseegaspipeline „Nordstream 2“ schon jetzt als Erfolg, der alle Sanktionen kompensiert. Zum einen zementiert er die deutsche Nachfrage nach russischem Gas, zum anderen schwächt er die Ukraine als Gastransportland. „Politisch hat Deutschland eine Zeit lang aufgehört, unser Verbündeter zu sein“, sagt der kremlnahe Politologe Alexej Muchin. „Wirtschaftlich es ist das immer geblieben.“

Moskau verweist jetzt gern auf die Probleme der Deutschen mit ihrem Hauptverbündeten, den USA. Präsident Donald Trump missachte die Interessen Berlins immer wieder, schreibt das rechte Portal „Zargrad“ nicht ganz zu Unrecht. „Trump stößt Deutschland von sich, in Richtung Russland.“ Noch allerdings stehen in Deutschland nicht russische, sondern amerikanische Atomraketen. Und obwohl das deutsch-russische Handelsvolumen im vergangenen Jahr auf 61,9 Milliarden Euro stieg, bleibt der deutsche Warenaustausch mit den USA fast dreimal so hoch. Der Kreml aber hat bekanntlich Geduld.

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