Missbrauchsskandal in Lügde Opfer-Anwalt fürchtet, dass Taten nicht aufgeklärt werden

Lügde · Fünf Sonderermittler des Landeskriminalamtes sollen klären, wie rund 150 Datenträger verschwinden konnten, die als Beweismittel im Missbrauchsfall Lügde dienen sollten. Anwalt Peter Wüller, der mehrere Opfer vertritt, spricht von einem „Skandal“.

Für den Bielefelder Rechtsanwalt Peter Wüller, der in dem Missbrauchsverfahren mehrere Opfer vertritt, ist das Verschwinden der Beweismittel ein „Skandal“. „So etwas darf nicht passieren“, sagt Wüller. Nicht auffindbar sind ein Koffer und eine Tasche mit 155 CDs und DVDs, die bei dem 56-jährigen Hauptverdächtigen Andreas V. sichergestellt worden waren. Der Raum der Kreispolizeibehörde Lippe, in dem die Datenträger lagen, war offenbar nicht gut genug gesichert. Die Polizeibehörde spricht von „eklatanten Fehlleistungen“.

Fünf Sonderermittler des Landeskriminalamtes (LKA) sollen nun klären, wie das passieren konnte. „Wir wissen nicht, was auf den Datenträgern war. Ein Großteil ist ja noch nicht ausgewertet worden“, sagt Wüller, der vier Kinder zwischen vier und 13 Jahren vertritt. Es sei also gut möglich, dass Taten darauf zu sehen seien, die nicht mehr aufgeklärt werden könnten, wenn die Beweismittel nicht wieder auftauchen. „Die Frage ist, ob sie fahrlässig abhanden gekommen sind oder ob sie jemand gezielt hat verschwinden lassen.“ Wüller glaubt: „Womöglich finden die Sonderermittler jetzt noch viel mehr, was da schief gelaufen ist“.

Schief gelaufen ist schon einiges. So hatten frühere Hinweise an die Polizei auf den Dauercamper V. wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs offenbar keine Folgen. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass ein Mitarbeiter des Landkreises Hameln-Pyrmont Akten manipuliert hatte. Anwalt Wüller kritisiert, dass die sichergestellten CDs und DVDs nicht gleich ans LKA übergegeben wurden, um dort von speziell geschulten Beamten ausgewertet zu werden.

„Man muss sich vorstellen, da sichten Polizeibeamte womöglich abartiges Bildmaterial, die sonst Verkehrsunfälle aufnehmen“, sagt Wüller. Wie nun bekannt wurde, soll ein Polizei-Anwärter mit der Auswertung beauftragt worden sein. Innenminister Herbert Reul hatte am Donnerstag gesagt, nur drei der 155 Datenträger seien bislang ausgewertet worden. Darauf habe sich hauptsächlich Installationssoftware befunden, es sei kein Kindesmissbrauch darauf zu sehen.

Den nun verschwundenen Asservaten komme allein deshalb ein gesteigerter Beweiswert zu, weil die Opfer Kinder seien, sagt Wüller. „Wie sollen Fünfjährige exakte Handlungsabläufe schildern?“

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