Ukraine bleibt Streitpunkt Steinmeier warnt bei OSZE-Konferenz vor Rüstungsspirale

Hamburg · Hohe Erwartungen gab es nicht, und der erste Tag der OSZE-Konferenz in Hamburg hat die Hoffnungen weiter gedämpft. Ein Hauptakteur flog auch gleich wieder ab - schon vor dem Mittagessen.

 Mit einem Hilfsmittel aus der Seefahrt werden die OSZE-Außenminister an das Ende ihrer Redezeit erinnert. Wenn die üblichen drei Minuten überschritten sind, ertönt in den Messehallen ein lautes Schiffshorn.

Mit einem Hilfsmittel aus der Seefahrt werden die OSZE-Außenminister an das Ende ihrer Redezeit erinnert. Wenn die üblichen drei Minuten überschritten sind, ertönt in den Messehallen ein lautes Schiffshorn.

Foto:  Christian Charisius

Außenminister Steinmeier hat bei der OSZE-Konferenz in Hamburg vor einer neuen Rüstungsspirale in Europa gewarnt. Durch Misstrauen und Angst drohe eine "gefährliche Dynamik der Aufrüstung", sagte er beim Treffen von rund 50 Außenministern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

"Niemand kann wollen, dass sich eine neue Rüstungsspirale in Gang setzt", sagte Steinmeier. Deshalb müsse es einen "Neustart" für die Rüstungskontrolle geben, deren Instrumente veraltet und den veränderten militärischen Realitäten nicht mehr angemessen seien.

Auch gegenüber dem russischen Außenminister Sergej Lawrow warb Steinmeier für einen "erneuerten Dialog, um verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen". Gleich zu Beginn des zweitägigen Ministerrats prallten aber die gegensätzlichen Positionen vor allem im Ukraine-Konflikt wieder aufeinander.

Steinmeier mahnte, die Friedensvereinbarungen für den Osten der Ukraine endlich umzusetzen. Während der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin erneut Russland dafür verantwortlich machte, dass die Abkommen von Minsk nicht eingehalten werden, wies Russlands Lawrow alle Vorwürfe zurück. Er forderte den Westen auf, jede "martialische Rhetorik" zu beenden. Den Eindruck einer russischen Bedrohung nannte er einen "Mythos".

US-Außenminister John Kerry warf Moskau erneut vor, mit der Besetzung der Krim-Halbinsel gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Von der Ukraine forderte er zugleich mehr Einsatz gegen Korruption. Nur wenige Stunden nach dem offiziellen Beginn der Tagung verließ Kerry die Hansestadt wieder Richtung Paris, wo am Samstag eine Syrien-Konferenz stattfindet.

Lawrow und Kerry hatten schon am Mittwochabend in einem Zweiergespräch über den Syrien-Konflikt beraten. Fortschritte gab es dabei nicht. Wegen zahlreicher Kontroversen wird es an diesem Freitag voraussichtlich keine gemeinsame Abschlusserklärung des OSZE-Rats geben, sondern nur ein Abschluss-Kommuniqué von Gastgeber Deutschland.

Steinmeier sagte als amtierender OSZE-Vorsitzender: "Gerade in stürmischen Zeiten wie diesen brauchen wir die OSZE als Leuchtturm, der auch Orientierung geben kann." Zugleich dämpfte er die Erwartungen: "Wir dürfen uns nichts vormachen: Der große Wurf zur Überwindung des Trennenden wird uns so schnell nicht gelingen. Aber wir können uns gegen die Verzagtheit auflehnen und beharrlich an realistischen Lösungsansätzen arbeiten."

Zugleich forderte er mehr Personal, mehr Geld und einen klaren rechtlichen Rahmen für künftige OSZE-Einsätze in Konfliktgebieten. Weitere Themen der Konferenz waren der im Frühjahr wieder aufgeflammte Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach sowie der Transnistrien-Konflikt in Moldawien.

Zum Schutz der Minister waren in Hamburg mehr als 10 000 Polizisten im Einsatz. Mehrere Demonstrationen gegen das OSZE-Treffen waren angekündigt. Am Donnerstagnachmittag hatten sich aber lediglich einige hundert Demonstranten versammelt. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Innenstadt und rund um das Messegelände waren enorm. Straßen waren abgesperrt, es gab zahlreiche Personenkontrollen.

Für die Polizei ist die Konferenz auch eine Art Generalprobe für den G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, der im Sommer 2017 ebenfalls in der Hansestadt stattfindet. Dann wird erstmals auch der künftige US-Präsident Donald Trump in Deutschland erwartet.

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