Viele aus Statistik gefallen Nur wenige Langzeitarbeitslose finden regulären Job

Berlin · Mehr als 900 000 Langzeitarbeitslose gibt es in Deutschland - die Zahl ist zwar gesunken. Aber für die meisten bleibt ein normaler Job unerreichbar. Im Wahlkampf kommen die Parteien nicht an dem Missstand vorbei.

 Männer stehen vor der Bundesagentur für Arbeit.

Männer stehen vor der Bundesagentur für Arbeit.

Foto: Julian Stratenschulte/Illustration

Langzeitarbeitslose finden in Deutschland nur selten einen neuen, regulären Job. Bei den Betroffenen, die im vergangenen Jahr ihre Arbeitslosigkeit beenden konnten, war nur in rund jedem achten Fall eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt der Grund.

Dies geht aus der Antwort der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorlag.

Sozialverbände forderten von den Parteien zur Bundestagswahl wirkungsvolle Schritte gegen die Langzeitarbeitslosigkeit. Viele Betroffene fielen aufgrund von Krankheit, Rente oder Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen aus der Statistik. Insgesamt gab es im Durchschnitt des vergangenen Jahres 993 073 Langzeiterwerbslose. 12,2 Prozent nahmen eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt auf. 17,3 Prozent wurden wegen Arbeitsunfähigkeit aus der Statistik gestrichen. Für Kurzzeiterwerbslose, die weniger als zwölf Monate arbeitslos waren, war 2016 in fast jedem dritten Fall eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt der Grund für die Beendigung der Arbeitslosigkeit.

Die Linke-Vize-Fraktionsvorsitzende Sabine Zimmermann sagte, die Gründe, warum Langzeiterwerbslose nicht mehr als arbeitslos gezählt werden, seien nur zu einem kleinen Teil auf eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt zurückzuführen. "Die Bundesregierung muss endlich die Realität zur Kenntnis nehmen und deutlich mehr für die vielen langzeiterwerbslosen Menschen tun." So müsse ausreichend Geld zur Unterstützung und für gute öffentlich geförderte Beschäftigung zur Verfügung gestellt werden.

Insgesamt gibt es bei der Langzeitarbeitslosigkeit einen Abwärtstrend. So lag die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, im Mai bei 910 000 - 97 000 weniger als vor einem Jahr. Den Betroffenen fehlt es laut BA häufig an der nötigen Ausbildung. Viele Langzeitarbeitslose wollten daher eine Stelle als Hilfskraft. Nur 17 Prozent der Jobs, die der BA gemeldet werden, sind Helferberufe.

Der Sozialverband VdK Deutschland forderte ein nachhaltiges Konzept für mehr Chancen von Langzeitarbeitslosen. "Weiterbildungsprogramme, die insbesondere die individuelle Situation von gering Qualifizierten berücksichtigen, müssen ausgebaut werden", sagte Vdk-Präsidentin Ulrike Mascher der dpa. Notwendig sei ein öffentlich geförderter Arbeitsmarkt mit tariflich entlohnten, abgesicherten Arbeitsplätzen.

Der AWO-Präsident Wilhelm Schmidt sagte: "Die guten Arbeitsmarktzahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es viele verfestigte Arbeitslosenverhältnisse gibt, gegen die etwas getan werden muss." Laut BA waren im Juni 2,473 Millionen Menschen ohne Job. Das war der niedrigste Wert in dem Monat seit 1991. Die AWO sieht die Lösung für die Abgehängten darin, Beschäftigung öffentlich zu fördern und damit einen sozialen Arbeitsmarkt zu schaffen.

Union und SPD versprechen zur Bundestagswahl, das Problem künftig besser anzugehen. CSU/CDU haben sich in ihrem Wahlprogramm für den Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung ausgesprochen. Im seinem "Zukunftsplan" betont SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz: "Die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt geht (...) bisher an vielen Langzeitarbeitslosen vorbei." Dies solle sich ändern.

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