Flüchtlingspolitik Nur noch jeder zweite afghanische Flüchtling erhält Asyl

Kabul/Berlin · Die Sicherheitslage am Hindukusch macht vielen Sorge. Erst vergangene Woche töteten Taliban in Afghanistan mindestens 140 Soldaten. Trotzdem soll es erneut Abschiebungen aus Deutschland geben.

 Die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus Afghanistan ist weiter gesunken.

Die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus Afghanistan ist weiter gesunken.

Foto:  Daniel Karmann/Archiv

Erneut sollen abgelehnte Asylbewerber von Deutschland nach Afghanistan abgeschoben werden. Der Flug mit den Migranten an Bord werde die afghanische Hauptstadt Kabul am frühen Dienstagmorgen erreichen, teilte das afghanische Flüchtlingsministerium mit.

Erwartet würden bis zu 50 Menschen. Nach Angaben der Organisation Pro Asyl soll der Sammelabschiebeflug vom Münchner Flughafen aus starten. Das bayerische Innenministerium äußerte sich auf Anfrage nicht. Ende März waren zum vierten Mal abgelehnte Asylbewerber von Deutschland als Gruppe nach Afghanistan abgeschoben worden. Pro Asyl forderte die Absage der geplanten Sammelabschiebung, da das Land keineswegs sicher sei. Das zeige der jüngste Angriff islamistischer Taliban auf eine Militärbasis mit mindestens 300 Toten und Verletzten.

Die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus Afghanistan ist weiter gesunken. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres habe die Schutzquote 47,9 Prozent betragen, wie aus einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervorgeht. Die "Passauer Neue Presse" (Montag) berichtete zuerst darüber. Im Jahr 2015 hätten noch 77,6 Prozent der Asylsuchenden vom Hindukusch in Deutschland Schutz erhalten, im vergangenen Jahr noch 60,5 Prozent.

"Die Schutzquote ist trotz verschärfter Sicherheitslage in Afghanistan kontinuierlich gesunken", sagte die Linkenabgeordnete Ulla Jelpke. "Natürlich ist das ein Resultat der politischen Vorgaben, die Abschiebungen nach Afghanistan zu verstärken und ein abschreckendes Signal auszusenden." Als "unverantwortlich" kritisierte Jelpke, dass die Bundesregierung die Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan leugne.

Derzeit leben der Bundesregierung zufolge knapp 255 000 Afghanen in Deutschland. Bei mehr als der Hälfte davon laufen Asylverfahren. Ein Viertel der Afghanen haben ein befristetes Aufenthaltsrecht. Gut 6 Prozent haben ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. 13 Prozent sind ausreisepflichtig oder haben einen anderen Status.

Die Abschiebungen sind seit Längerem umstritten, weil sich in Afghanistan der Konflikt zwischen Regierung und den radikalislamischen Taliban verschärft und es landesweit Gefechte und Anschläge gibt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte bei der jüngsten Abschiebung gesagt, die offizielle Bewertung der Sicherheitslage lasse Rückführungen in gesicherte afghanische Provinzen zu. Von Seiten der Vereinten Nationen gibt es keine abschließende Bewertung, welche afghanischen Provinzen sicher oder unsicher sind.

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