Geschäftsführung Neuanfang für den Flughafen Köln/Bonn

Köln/Bonn · Nach der Schlammschlacht um Vorgänger Michael Garvens muss der neue Chef Johan Vanneste zahlreiche Probleme lösen. Doch was qualifiziert den neuen Chef? Fragen und Antworten zum neuen Geschäftsführer.

Spätestens zum 1. Juni hat der Flughafen Köln/ Bonn einen neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung. Geht es nach Aufsichtsratschef Friedrich Merz, dann fängt Johan Vanneste bereits am 1. Mai an. Bei seiner Vorstellung erhielt Vanneste am Montag viele Vorschusslorbeeren.

Was qualifiziert den neuen Chef?

Sichtlich stolz präsentierte Aufsichtsratschef Friedrich Merz Johan Vanneste. Er sei ein seit vielen Jahren erfolgreich tätiger international erfahrener Manager in der Luftfahrtindustrie. Das Aufgabenprofil erfülle er perfekt. Und – auch Eigenlob gab es – in „sehr kurzer Frist“ sei die offene Personalfrage gelöst worden.

Was ist die wichtigste Aufgabe für den neuen Chef?

Zunächst muss Vanneste den Flughafen nach heftigen Turbulenzen in ruhiges Fahrwasser bringen. War doch im Dezember unter schrillen Begleittönen zunächst Aufsichtsratschef Kurt Bodewig (SPD) von der schwarz-gelben NRW-Landesregierung abberufen und durch Friedrich Merz (CDU) ersetzt worden. Die SPD in Köln und in NRW wollten Merz verhindern, weil sie Interessenkonflikte fürchteten. Merz arbeitet beim deutschen Ableger des US-Investmenthauses Blackrock. Auch fürchteten sie, Merz könne eine Teilprivatisierung des Flughafens vorantreiben. Der Bund, der knapp 31 Prozent der Anteile hält, hatte Verkaufsabsichten geäußert, die aber inzwischen vom Tisch sind. Merz erhielt bei seiner Wahl nur acht der 15 Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder.

War das der einzige Abgang?

Mitte Dezember schloss dann Flughafenchef Michael Garvens einen Aufhebungsvertrag und verließ den Airport. Vorausgegangen war eine beispiellose Schlammschlacht. Es hatte eine Untersuchung einer Rechtsanwaltskanzlei und eines Wirtschaftsprüfers im Auftrag des Aufsichtsrates zu möglichen Unregelmäßigkeiten etwa bei der langen Freistellung von Mitarbeitern, günstigen privaten Flügen oder bei Zahlungen ohne Gegenleistung an eine Frachtfirma gegeben. Garvens war zunächst beurlaubt worden, aber per Gerichtsentscheid wieder an seinen Schreibtisch zurückgekehrt. Er hat alle Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Kommt der Flughafen jetzt zur Ruhe?

Schwer zu sagen. Untersuchungen laufen weiter, wie Merz betonte. Ende Juni gibt es Berichte einer Rechtsanwaltskanzlei und eines Wirtschaftsprüfers. Dann will der Aufsichtsrat über straf-, arbeitsrechtliches oder zivilrechtliches Vorgehen entscheiden. Er könnte etwa Ansprüche gegenüber der Geschäftsführung erheben. Spekuliert wird allerdings, dass in der Aufhebungsvereinbarung, die Garvens und der Flughafen geschlossen haben, Klauseln enthalten sind, die Ansprüche gegen Garvens ausschließen.

Unterdessen laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Garvens weiter. Die Ermittler hätten weitere Unterlagen angefordert, so René Seppi, der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Wenn die eingetroffen sind, würden sie geprüft. Es könnte auch Ansprüche des Flughafens gegenüber Mitarbeitern geben, so Merz. Immerhin scheint es eine neue Einigkeit zu geben. Vanneste ist laut Merz vom Präsidialausschuss einstimmig – auch ohne Enthaltungen – vorgeschlagen und ebenso einstimmig von den Aufsichtsratsmitglieder gewählt worden.

Was soll der Neue anders machen?

Merz betonte immer wieder, dass er von Vanneste einen Kulturwandel in der Führung der Mitarbeiter und in der Kommunikation nach innen und mit der Öffentlichkeit erwartet. Das ist ein Seitenhieb auf Garvens, Gleich mehrfach waren am Flughafen anonyme Briefe umgegangen, in denen sich Mitarbeiter unzufrieden mit Entscheidungen gezeigt hatten. Geradezu demonstrativ traten Merz, der derzeitige Flughafen-Chef Athanasios Titonis und Vanneste am Montag auf und betonten, wie sehr sie sich auf „eine gute Zusammenarbeit“ freuen würden.

Wie steht der Flughafen da?

2017 konnte der Flughafen neue Rekordmarken erzielen. Im vergangenen Jahr starteten oder landeten rund 12,4 Millionen Passagiere – ein Zuwachs um vier Prozent. Die Luftfracht stieg um sieben Prozent auf 840 000 Tonnen. Als Ergebnis hatte der Flughafen im Herbst einen Gewinn unterm Strich von 4,1 (2016: 6,3) Millionen Euro in Aussicht gestellt. Und das in einem Jahr mit hohen Investitionen, etwa für die Sanierung der Querwindbahn.

Wie soll der Flughafen entwickelt werden?

Am Flughafen steht die Erneuerung der großen Start- und Landebahn an. Außerdem läuft ein Planfeststellungsverfahren, in dem es etwa um Abstellflächen für Flugzeuge, den Ausbau des Terminals und die Erweiterung der Frachthallen sowie um einen Hotelbau geht. Es ist das erste in der Geschichte des Flughafens, der 1957 ohne derartiges Verfahren in die Zivilverwaltung übergeben wurde. Auch eine Wachstumsstrategie soll entwickelt werden. Dazu kommen Aufsichtsrat und Geschäftsführung im September zu einer zweitägigen Strategiesitzung zusammen. Köln/Bonn soll aus der Sandwich-Position zwischen den größeren Flughäfen Düsseldorf und Frankfurt geführt werden.

Dass Eurowings aber seine Langstreckenflotte aus Köln/Bonn nach Düsseldorf abzieht, bedeutete einen Rückschlag. Vanneste sieht auch wegen der Nachtflugerlaubnis zunächst Chancen beim Frachtflug. „Mehr Nachtflug muss das nicht bedeuten“, betonte er. Die Möglichkeit, bei Flugverspätungen auch noch nach 23 Uhr landen zu können, erleichtere auch die Ansiedlung von Flügen am Tage.

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