Kommentar zum Finanzpakt zwischen Bund und Ländern Mickrige Finanzreform

Meinung | Berlin · Als sich Bund und Länder vor mehr als zwei Jahren an die Arbeit machten, wurde die Reform als Frischzellenkur für den deutschen Föderalismus gepriesen. Doch an den Strukturen ändert sich wenig.

 Links wie rechts? Was ändert sich wirklich durch die Finanzreform?

Links wie rechts? Was ändert sich wirklich durch die Finanzreform?

Foto: picture alliance / dpa

Als sich Bund und Länder vor mehr als zwei Jahren an die Arbeit machten, wurde als Ziel ausgegeben, die staatlichen Finanzbeziehungen auf neue Grundlagen zu stellen. Die Reform wurde als Frischzellenkur für den deutschen Föderalismus gepriesen. Gemessen an diesen Ansprüchen ist das Ergebnis eine herbe Enttäuschung.

Was die Bundesregierung und die 16 Ministerpräsidenten in unzähligen Sitzungen auf den Weg gebracht haben, ist zumindest in einem Punkt rekordverdächtig: Selten zuvor haben die Länder auf einen Schlag so viel zusätzliches Geld vom Bund bekommen. Die Länder setzten durch, dass ihnen der Bund von 2020 an jährlich 9,5 Milliarden Euro zusätzlich überweist. Das erklärt die Euphorie der Länder und den Frust von von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Abgesehen von den Finanzströmen fällt die Reform erschreckend mickrig aus.

Eine gute Finanzausstattung der Länder und Kommunen ist wichtig. Doch was ändert sich an den Strukturen? Leider nur wenig. Zu Beginn stand noch die Idee, das Finanzdickicht zwischen Bund und Ländern zu lichten. Es sollte klare Zuständigkeiten und verbindliche Regeln bei der Umsetzung der Schuldenbremse geben. Finanzminister Schäuble wollte den Ländern und Kommunen mehr Eigenständigkeit zubilligen – etwa bei der Festsetzung von Steuern. Doch die heißen Eisen sind gar nicht erst angefasst worden.

Jede Neuerung als Bedrohung empfunden

In der Öffentlichkeit wird die Finanzreform auch als Versuch wahrgenommen, in Deutschland eine Autobahngesellschaft einzuführen. Der Bund will Planung, Betrieb und Erhalt von Autobahnen in einer privaten Gesellschaft organisieren. Österreich hat mit solch einer Infrastrukturgesellschaft gute Erfahrungen gemacht. Doch hierzulande wird jede Neuerung vor allem als Bedrohung empfunden. Wegen vielerlei Bedenken dürfen sich private Investoren nicht beteiligen.

Wie schwer es ist, für mehr Verantwortung im föderalen Finanzsystem zu sorgen, offenbart sich bei der Bildung. Der Bund soll mehr Investitionsprogramme zur Schulsanierung auflegen. Dazu ist die Bundesregierung bereit. Sie möchte aber wissen, wofür die Mittel verwendet werden. Das ist ein sinnvolles Prinzip. Diejenige staatliche Ebene sollte die Kontrolle haben, die das Geld zur Verfügung stellt. Die Länder sehen das völlig anders. Sie nehmen die Mittel zwar gern an, doch sie wehren sich gegen Einmischung. Klare Strukturen sehen anders aus. Die Länder sollten hier über ihren Schatten springen.

Aus Sicht der Bürger steht nicht die Zuständigkeit im Vordergrund, sondern die Frage, ob der Staat seine Aufgaben erledigt. Eine Wagenburgmentalität verhindert sinnvolle Lösungen. Die Finanzreform wird jedenfalls kaum zur Modernisierung des Staats beitragen. Bundesregierung und Ministerpräsidenten haben eine große Chance verpasst.

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