Rückhalt aus der Fraktion Linke-Chefs attackieren Wagenknecht

Potsdam · Die Geschlossenheit der Linken ist für die Parteichefin Katja Kipping "ein hohes Gut". Doch bei der kleinsten Oppositionskraft fliegen weiter die Fetzen. Kann eine Paddeltour in der Uckermark bei der Versöhnung helfen?

 Die Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht und der Bundesvorsitzende Bernd Riexinger.

Die Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht und der Bundesvorsitzende Bernd Riexinger.

Foto: Britta Pedersen

Auch nach der offiziellen Beilegung des Machtkampfs fliegen beim Linken-Spitzenpersonal weiter die Fetzen. Die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger warfen der unter turbulenten Umständen wiedergewählten Fraktionschefin Sahra Wagenknecht eine unangemessene Grenzüberschreitung vor.

Rückhalt bekam Wagenknecht aus der Fraktion. In der Partei hält sich die Idee, den Streit mit einer Mediation zu schlichten. Wagenknecht und Kipping beharrten auf ihren konträren Positionen zur Flüchtlingspolitik.

Wagenknecht hatte in einem Brief an die Abgeordneten mit Rückzug gedroht für den Fall, dass sie auf Initiative der Parteichefs faktisch entmachtet werde. Sie werde von ihnen anhaltend mit Intrigen aus dem Hinterhalt gemobbt, führte sie aus.

"Das Ende von Rücktrittsdrohungen und Erpressungen ist erreicht", sagte Riexinger dazu im SWR-Interview der Woche. "Ich glaube, dass die Fraktion und die Partei das kein weiteres Mal mitmachen werden."

Riexinger hielt Wagenknecht nicht belegbare Behauptungen vor. "Sowas macht man nicht", sagte er. "Da muss man jetzt keine Geschichte stricken, dass man das Opfer von irgendwelchen Intrigen geworden ist. Belegbar ist eher das Gegenteil."

Angesprochen auf den Eklat, bei dem Wagenknecht ihm vor laufenden Kameras das Wort abschnitt ("Bernd, das ist die Pressekonferenz der Fraktion"), kritisierte Riexinger den Sprecher der Linksfraktion. "Es gab eine andere Absprache, wie wir diese Pressekonferenz machen. Zumindest mit dem Pressesprecher der Fraktion." Pressesprecher Michael Schlick dementierte die Darstellung.

Rückhalt bekam Wagenknecht vom Parlamentarischen Geschäftsführer Jan Korte. Die Fraktion habe demokratische Entscheidungen getroffen. "Diese Entscheidungen sind von allen Mitgliedern der Fraktion zu akzeptieren, egal ob sie einem gefallen oder nicht", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Korte warf Riexinger den Verweis auf den Pressesprecher vor. Mitarbeiter sollte man grundsätzlich nicht in Auseinandersetzungen hineinziehen.

Kipping zeigte sich offen für einen Vorschlag von Fraktionsvize Klaus Ernst, der eine Mediation etwa mit Hilfe von Gregor Gysi vorgeschlagen hatte, etwa im Rahmen einer Kanutour in der Uckermark. "Bei einer solchen Kanutour wäre ich sofort dabei. Weniger Sitzungen und mehr gemeinsame Erkundungen sind immer gut", sagte sie in der "Welt" (online: Freitag/print: Samstag). Eine Mediation ist ein Verfahren zur Beilegung eines Konfliktes mit Hilfe eines Vermittlers.

Kipping warf Wagenknecht indirekt vor, wie der damalige SPD-Kanzler Gerhard Schröder ihre Interessen autoritär und von oben herab durchzusetzen. "Ich möchte eine demokratische Linke und, unter uns, keine Basta-Politik", sagte sie. "Es gab Versuche, mit wiederholten Rücktrittsdrohungen Personen durchzusetzen, die keine Mehrheit hatten. Dieses Instrument ist jetzt ausgereizt."

Auch der Streit um die Flüchtlingspolitik ging weiter. Wagenknecht hält an ihrer Position fest, Grenzen in der Aufnahmefähigkeit Deutschlands für Migranten zu betonen. "Statt mit der wenig realitätstauglichen Forderung "Offene Grenzen für alle Menschen sofort" Ängste und Unsicherheitsgefühle zu befördern, sollten wir uns darauf konzentrieren, das Asylrecht zu verteidigen", sagt sie im neuen "Spiegel". "Das bedeutet nicht, dass jeder, der möchte, nach Deutschland kommen und hier bleiben kann."

Kipping sagte, bei der Frage einer weltweiten Freizügigkeit gebe es eine Kontroverse. Sie plädierte für ein Einwanderungsgesetz, das "offene Grenzen für alle" perspektivisch ermögliche. Entscheidendes Kriterium wäre, "dass die Menschen, die einen Antrag auf Einwanderung stellen, hier einen sozialen Ankerpunkt haben". "Das ist aber eben nicht nur ein Trauschein oder ein Arbeitsvertrag, sondern viele Orte des gesellschaftlichen Engagements, zum Beispiel ein Fußballverein, ein Chor oder die Kirchengemeinde."

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