Kommentar zum Machtkampf in der CSU Letzte Runde

Meinung | Bonn · Nach dem schwachen Ergebnis bei der Bundestagswahl ist CSU-Chef Horst Seehofer angeschlagen. Dieser Umstand könnte zum Problem für Bundeskanzlerin Angela Merkel werden, glaubt GA-Korrespondent Holger Möhle.

 Nach der Bundestagswahl geschwächt: CSU-Chef Horst Seehofer.

Nach der Bundestagswahl geschwächt: CSU-Chef Horst Seehofer.

Foto: dpa

Der Ausstieg aus der Berufspolitik ist eine hohe Kunst. Die meisten scheitern daran – nach häufig verdienstvollen Karrieren, weil sie von der Droge Politik einfach nicht lassen können. Womöglich wird Horst Seehofer das nächste Beispiel dafür, wie gnadenlos die Politik ihre Partei- und Regierungschefs austauscht, wenn diese die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben respektive die Ergebnisse nicht mehr stimmen. Die CSU, die mit ihren Vorsitzenden normalerweise erheblich pfleglicher umgeht als die SPD, sollte allerdings aus dem Sturz ihres Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber 2007 gelernt haben. Die CSU will aus einer Hand geführt werden. Eine Doppelspitze wie sie in der Folge Erwin Huber (Partei) und Günther Beckstein (Ministerpräsident) versucht haben, behagt den Christsozialen nicht.

Seehofer hat die CSU nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit 2008 fünf Jahre später wieder in eine Alleinregierung in Bayern geführt. Das ist sein Verdienst. Das hat ihn stark gemacht. Als Meister des variablen Standpunktes wechselte er häufig und auch schnell seine Meinung – auch die über seinen eigenen Rücktritt. Ich kandidiere, ich kandidiere nicht... Seehofer entschied sich nach einigem Hin und Her und wohl auch, um seinen Gegenspieler Markus Söder so klein wie möglich zu halten, in diesem Frühjahr fürs Weitermachen: als Parteichef und als Ministerpräsident, wenn die Wähler es denn auch wollen.

Will die CSU Seehofer noch?

Inzwischen ist auch die Frage: Will die CSU ihn noch? Denn die 38,8 Prozent bei der Bundestagswahl in Bayern sind für CSU-Verhältnisse ein indiskutables Ergebnis, auch wenn es um die Verhältnisse im Bund und (noch) nicht um die Mehrheit im Freistaat ging. Bei der Pkw-Maut waren die CSU und ihr Verkehrsminister über fast vier Jahre Schlangenlinie gefahren, in der Flüchtlingspolitik forderte Seehofer beinhart eine Obergrenze, ehe er erklärte, man könne dafür auch einen anderen Begriff finden. Währenddessen überholte die AfD die CSU auf der rechten Spur. Seehofer ist angeschlagen, politisch und gesundheitlich. Der fränkische Haudrauf Söder wartet nur auf den besten Moment, in den Ring zu steigen. Womöglich schon beim Parteitag Mitte November in Nürnberg.

Dabei könnte das Dilemma der CSU auch zu einem Problem für CDU-Chefin Angela Merkel werden, die mit einiger Wahrscheinlichkeit nur eine Option für eine Regierungsbildung hat: eine Koalition von CDU, CSU, FDP und Grünen. Doch je stärker die CSU unter Druck steht, desto schwieriger werden auch diese Gespräche, weil gerade geschwächte Christsoziale bei Flüchtlingspolitik, Asyl oder Agrar Härte zeigen werden, was wiederum einen Kompromiss mit den Grünen erschwert. Dass es in der CSU grummelt, kann Seehofer nicht ignorieren. Der Vorsitzende hat Zeit gewonnen, aber nicht viel. Bis zum Parteitag wird der Burgfrieden halten. Vielleicht ist es Seehofers letzte Runde.

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