Provokative Kunst Landtagspräsident will Ende mutmaßlicher Höcke-Beobachtung

Bornhagen/Erfurt · Wie weit darf Protest im Namen der Kunst gehen? Darüber wird im Zuge der Mahnmal-Aktion gegen den AfD-Politiker Höcke gestritten. Der Landtagspräsident fordert Solidarität mit dem Angegriffenen. Das bleibt nicht unwidersprochen.

 Das "Zentrum für politische Schönheit" hat aus Protest gegen eine umstrittene Rede Höckes eine Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals auf einem Nachbargrundstück des Thüringer AfD-Chefs enthüllt.

Das "Zentrum für politische Schönheit" hat aus Protest gegen eine umstrittene Rede Höckes eine Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals auf einem Nachbargrundstück des Thüringer AfD-Chefs enthüllt.

Foto: Swen Pförtner

Im Zuge der Mahnmal-Aktion eines Künstlerkollektivs gegen Björn Höcke dringt Thüringens Landtagspräsident Christian Carius (CDU) auf ein Ende der mutmaßlichen Beobachtung des AfD-Politikers.

Er habe Innenminister Georg Maier (SPD) in einem Telefonat aufgefordert, dagegen einzuschreiten, sagte Carius. Carius forderte von den anderen Landtagsabgeordneten "mehr Solidarität" mit Höcke, auch wenn er dessen politische Positionen nicht teile. Zudem müsse Maier Ermittlungen einleiten. Der Vermieter des Grundstücks, auf dem das Mahnmal steht, kündigte unterdessen den Mietvertrag mit den Politaktivisten zum Ende des Jahres.

"Hier wird unter dem Deckmantel künstlerischer Freiheit ein skandalöser Angriff auf die Freiheit des Mandats, die Unversehrtheit einer Person, von Familie und Privatsphäre unternommen", sagte Carius und sprach in Bezug auf eine etwaige Beobachtung Höckes von "moralisch kaschiertem Psychoterror".

Die Grünen-Fraktion widersprach dem Landtagspräsidenten und verwies auf die künstlerische Freiheit. "Kunst muss und darf immer diskutiert werden, die Androhung der strafrechtlichen Verfolgung aber ist unzulässig - auch für den Präsidenten des Thüringer Landtags", sagte Fraktionschef Dirk Adams.

Das "Zentrum für politische Schönheit" (ZPS) hatte am Mittwoch aus Protest gegen eine umstrittene Rede Höckes eine Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals auf einem Nachbargrundstück im thüringischen Bornhagen (Eichsfeld) enthüllt.

Hintergrund sind Höckes Aussagen Anfang des Jahres in Dresden. Damals hatte er "eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" gefordert und mit Blick auf das Mahnmal gesagt: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat."

Der Vermieter kündigte dem ZPS am Donnerstag den Mietvertrag. Er habe eine angeblich fristgerechte Kündigung zum 31. Dezember erhalten, sagte der künstlerische Leiter des ZPS, Philipp Ruch. Er betrachte sie jedoch als gegenstandslos. Zuvor hatte der MDR darüber berichtet.

Nach eigenen Angaben beobachtet das ZPS den Thüringer Partei- und Fraktionsvorsitzenden seit zehn Monaten. In einer Mitteilung vom Donnerstag betonten die Aktivisten: "Die Kinder sind nicht Bestandteil der Kunstaktion."

Bereits am Mittwoch hatte das ZPS Höcke dazu aufgefordert, vor dem Denkmal in Berlin oder dem Nachbau in Bornhagen auf die Knie zu fallen und um Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs zu bitten - andernfalls werde man die in der Vergangenheit gesammelten Informationen veröffentlichen.

Derzeit werde geprüft, ob ein Strafbestand vorliege, sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstag. Bei der Aufforderung zum Kniefall mit angedrohter Veröffentlichung von Informationen liege der Anfangsverdacht der Nötigung vor. Bei der mutmaßlichen Beobachtung könne es sich um Nachstellung - also Stalking - handeln.

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