Kommentar zum Wort des Jahres Krisensymptom

Meinung | Bonn · Dass "postfaktisch" zum Wort des Jahres erkoren wurde, ist ein Krisensymptom. Und die Krise betrifft einen Kern unser Gesellschaft und der Demokratie.

Soll man achselzuckend zur Kenntnis nehmen, dass „postfaktisch“ zum Wort des Jahres erkoren wurde? Lieber nicht, denn die Wahl markiert ein Krisensymptom. Es geht ja nicht um Kleinigkeiten, Flunkereien über dies und das, Informationen aus dem Netz und den Sozialen Netzwerken, die man eben nicht zur Kenntnis nehmen muss.

Die Krise betrifft einen Kern unser Gesellschaft und der Demokratie. Politik beruht auf der Annahme, dass sich in einer Diskussion am Ende die beste Lösung durchsetzt – die dann eine Mehrheit findet. Die Wirklichkeit ist selbstverständlich komplizierter und auch nicht so schön, wie die Theorie es verspricht.

Dennoch untergraben alle, die es mit dem Mangel an Wahrhaftigkeit zu weit treiben, diesen Prozess und damit die Spielregeln unseres Zusammenlebens und unserer Freiheit. Das ist keine Kleinigkeit.

Der Begriff ist plötzlich in aller Munde, aber das Phänomen gibt es schon lange: Die gefärbte Information der nur vermeintlich interessenfreien Nichtregierungsorganisation gehört dazu, die Experten aller Lager, deren Gutachten immer so ausfallen, wie es der Auftraggeber gerne sieht oder der Verband, der Horrorszenarien allgemeiner Verarmung oder wachsender Gewalt malt, obwohl er es eigentlich besser weiß und nur ein paar mehr Stellen für Sozialarbeiter haben möchte. Es geht hier nicht nur um Trump und die Sozialen Netzwerke. Es geht letztlich um uns alle und um die Frage, wie ernst wir denn die Spielregeln nehmen, die wir uns selbst gegeben haben? Sich an Fakten zu halten, nützt am Ende allen.

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