Europawahl 2014 Kampf um Stimmen der jungen Wähler findet vor allem im Netz statt

BONN · Auf dem Aachener Katschhof, der idyllisch zwischen Dom und Rathaus liegt, macht Angela Merkel an diesem Tag Wahlkampf. Jungwähler sind kaum in den ersten Reihen.

 Weil sie erst 16 oder 17 sind, dürfen die vier aus Mannheim zwar in ihrer Kommune, aber noch nicht das Europaparlament wählen.

Weil sie erst 16 oder 17 sind, dürfen die vier aus Mannheim zwar in ihrer Kommune, aber noch nicht das Europaparlament wählen.

Foto: dpa

Einige Jüngere, darunter Studenten, haben es sich auf den Stufen zum Rathaus gemütlich gemacht. "Ich bin weniger wegen der Politik von Frau Merkel hier, sondern, weil ich sie einfach mal sehen wollte", erklärt einer der Studenten. Die Bundeskanzlerin spricht kurz über Jugendarbeitslosigkeit, sonst aber nicht über Themen für Jungwähler.

Erst als sie die RWTH Aachen als eine "herausragende Universität" lobt und den Absolventen eine blühende Zukunft vorhersagt, brandet aus den hinteren Reihen Jubel auf - es sind die Studenten.

Interesse von Jugendlichen vergleichsweise gering

Sei es nun eine Wahlkampf-Veranstaltung der CDU, der SPD, der FDP, der Grünen oder anderer Parteien - das Interesse von jungen Menschen ist im Verhältnis zu anderen Altersklassen eher gering. Doch wie kämpfen die Parteien um die Stimmen der Jungwähler?

"Innerhalb unserer Kampagne konzentrieren wir die Erstwähleransprache auf das Netz, denn dort können wir Erstwähler sehr zielgerichtet erreichen.

Mit den Zwei-Minuten-Stücken haben wir ein maßgeschneidertes Angebot geschaffen, das jungen Wählern unsere Vision von Europa einfach, unterhaltsam und emotional vermittelt", erklärt Robert Heinrich, Wahlkampfmanager der Grünen. "Bei Facebook und Twitter erreichen wir Erstwähler natürlich besonders gut", so Heinrich.

Auch bei der CDU nimmt der Wahlkampf in den sozialen Netzwerken einen hohen Stellenwert ein. "Auf unseren Wahlplakaten greifen wir auch Themen auf, die vor allem jüngere Menschen interessieren - Arbeitsplätze, solide Finanzen, Chancen für alle.

Soziale Netzwerke als Dialogplattform

Für uns spielen aber insbesondere unsere Online-Angebote und damit auch die sozialen Netzwerke eine zentrale Rolle bei der Vermittlung unserer Inhalte an die jüngere Generation", heißt es aus der CDU-Bundesgeschäftsstelle. "Wir verstehen die sozialen Netzwerke vor allem als Informations-, Multiplikator- sowie als Dialogplattform".

Auch wenn der Schwerpunkt der Parteien auf einem digitalen Erstwähler-Wahlkampf liegt, verschicken die Parteien zusätzlich Informationen per Post - die FDP zum Beispiel eine Einladung zum "Jungwählergrillen" mit Spitzenkandidat Alexander Graf Lambsdorff in der Bonner Rheinaue.

"Jungwähler sprechen wir an, indem wir darauf hinweisen, dass Wählen Spaß macht - man kann mitentscheiden", sagt Lambsdorff im Gespräch mit dem GA. In sozialen Netzwerken ist er wie seine politischen Gegner vertreten. "Was das Internet angeht, bin ich eher ein Immigrant. Meinen ersten Computer habe ich mit 23 Jahren bekommen, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann."

Twitter spielt eine zentrale Rolle

An der Informationsquelle Twitter kommt man als junger Wähler nicht mehr vorbei, so scheint es. So veranstaltete die SPD jüngst eine Twitter Townhall, bei der Fragen an Spitzenkandidat Martin Schulz gestellt werden konnten - über 500 Fragen meist junger Leute liefen ein.

Jungwähler waren auch bei der ARD-Wahlarena mit Schulz und seinem christdemokratischen Kontrahenten Jean-Claude Juncker am Dienstag vertreten - und wieder wurde deutlich, wie wichtig Twitter ist. Auf die Frage eines jungen Mannes, ob die Türkei der EU beitreten sollte, antwortete Juncker: "Wer Twitter verbietet, hat die Zukunft nicht verstanden."

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