Gespräche ohne Einigung unterbrochen Jamaika-Verhandlungen gehen in die Verlängerung

Berlin · Nach knapp 15-stündigen Verhandlungen haben Union, FDP und Grüne am Freitagmorgen ihre Jamika-Sondierungen ohne Abschluss unterbrochen. Am Vormittag soll die nächste Runde beginnen.

Der angestrebte Abschluss der Jamaika-Sondierungen ist vorerst gescheitert. Nach knapp 15-stündigen Verhandlungen unterbrachen Union, FDP und Grüne am frühen Freitagmorgen ihre Gespräche ohne eine Einigung. "Wir gehen in die Verlängerung", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir.

Aus Verhandlungskreisen war zuvor über extrem schwierige Gespräche berichtet worden. Das betraf besonders die Flüchtlingspolitik, bei der sich die Positionen von Grünen und CSU unvereinbar gegenüber standen. "Die entscheidende Frage ist, wie geht man mit Zuwanderung in unserem Land um", sagte der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff. "Das ist der Punkt, an dem sich zwei der Parteien ineinander verhakt haben."

CSU-Chef Horst Seehofer betonte am Morgen, für die CSU sei es "ganz, ganz wichtig, dass es zu keiner Ausweitung der Zuwanderung kommt". Damit bezog er sich auf den Streit mit den Grünen hinsichtlich der Frage des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus. Während die Grünen sich für das Recht auf Familiennachzug für alle Flüchtlingsgruppen einsetzen und eine Begrenzung der Aufnahme ablehnen, vertritt die CSU in diesem Punkt die gegenteilige Position.

Schwierige Gespräche

"Deshalb können wir einer Lösung, die die Ausweitung der Zuwanderung zum Ergebnis hat, nicht zustimmen", sagte Seehofer. "Es war von Anfang an klar, dass das schwierige Sondierungsgespräche werden."

"Wir werden alles Menschenmögliche tun, um auszuloten", wie eine Regierungsbildung gelingen könne. Dafür gebe es "kein Zeitlimit, aber wir versuchen natürlich, das in einer überschaubaren Zeit zu machen".

Die Verhandlungen sollen am Freitagvormittag fortgesetzt werden. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) schloss nicht aus, dass auch am Wochenende weiter um einen Kompromiss gerungen wird. Eigentlich hatten Union, FDP und Grüne ihre Sondierungen abschließen wollen, um ab Freitag parteiintern über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen zu entscheiden.

FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich zuversichtlich, dass den Jamaika-Parteien noch eine Einigung gelingt. "Wir haben gemeinsam entschieden, dass wir die nächsten Tage nutzen wollen, um die noch bestehenden Unterschiede zu überwinden. Wir halten sie auch für überwindbar", sagte Lindner. "Ein solches historisches Projekt, wie es eine Verbindung von FDP, Union und Grünen wäre, darf nicht an ein paar Stunden scheitern, die fehlen."

Angesetzte Sitzungen von CDU-Gremien wurden abgesagt

Auch Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sagte, er sei "überzeugt, dass wir zusammen kommen können, wenn alle wollen". CDU-Generalsekretär Peter Tauber bilanzierte: "Wir glauben nach wie vor, dass es sich lohnt."

Union, FDP und Grüne hatten seit Donnerstagmittag verhandelt, ohne sich auf einen Abschluss einigen zu können. "Es ist alles offen", sagte der FDP-Politiker Hermann Otto Solms. "Nichts ist vereinbart, nichts ist beschlossen", bestätigte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. "Gründlichkeit geht vor Eile." NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bilanzierte ebenfalls: "Es gibt noch keine Ergebnisse und das ist das Traurige."

Bereits für Freitag angesetzte Sitzungen der CDU-Gremien, in denen über ein Sondierungsergebnis beraten werden sollte, wurden abgesagt. Auch geplante Beratungen der CSU am Samstag in München finden nicht statt.

Wesentlich kritischer als FDP-Chef Lindner äußerte sich sein Stellvertreter Wolfgang Kubicki nach dem Abbruch der Gespräche. "Wir sind nach vier Wochen in wesentlichen Punkten nicht weiter", sagte Kubicki. Es sei noch immer kein Vertrauen zwischen den handelnden Personen entstanden.

"Wenn sie Papiere haben, die zwischen allen Verhandlungsführern geeint sind, und mittags kommen dann zwölf weitere Forderungen neu", dann ergebe das "verhandlungstechnisch keinen Sinn", kritisierte Kubicki. Wenn die Verhandler nach wochenlangen Gesprächen wieder am Anfang seien, "dann fängt das an zu nerven". Der FDP-Vize fügte hinzu: "Mich frustriert das hier extrem."

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