Kommentar zur Abkehr vom Bonn-Vertrag Irrlichternder Seehofer darf die Region nicht irritieren

Meinung | Bonn · Mit Horst Seehofer wird es nie langweilig: Der Innenminister erklärt den Bonn-Vertrag, der die Zukunft der ganzen Region sichern soll, für nachrangig.

Die Bundesregierung steht bei den Menschen in Bonn, im Rhein-Sieg-Kreis und den benachbarten rheinland-pfälzischen Kreisen im Wort. Als der Bundestag den Hauptstadtumzug beschloss, wollte er die negativen Folgen durch Ausgleichsmaßnahmen, aber auch mit dem Berlin-Bonn-Gesetz mildern, kommentiert Andreas Baumann.

Mit Horst Seehofer wird es nie langweilig. Nach der Maaßen-Affäre, der Integration als „Mutter aller Probleme“ und dem Vorstoß zu verschärfter Abschiebehaft nun der nächste Paukenschlag: Der Innenminister erklärt den Bonn-Vertrag, der die Zukunft der ganzen Region sichern soll, für nachrangig. Es gebe nicht nur in Ostdeutschland Gegenden, so sein Argument, die Hilfe des Bundes viel nötiger hätten.

Da ist zwar etwas dran. Trotzdem steht die Bundesregierung auch bei den Menschen in Bonn, im Rhein-Sieg-Kreis und den benachbarten rheinland-pfälzischen Kreisen im Wort. Als der Bundestag den Hauptstadtumzug beschloss, wollte er die negativen Folgen durch Ausgleichsmaßnahmen, aber auch mit dem Berlin-Bonn-Gesetz mildern. Die Mehrzahl der Ministeriumsposten, so steht es dort, soll in Bonn bleiben. Gegen den Geist dieses Gesetzes verstößt die Bundesregierung allerdings seit Jahren, indem sie immer mehr Jobs nach Berlin verlagert. Ein schleichender Prozess, den der Bonn-Vertrag durch klare Spielregeln ersetzen könnte: Welche Ministerien müssen in Bonn bleiben, welche lässt man ziehen – als Gegenleistung zum Beispiel für neue Bundesbehörden und Projekte, die Bonn als zweites politisches Zentrum der Republik, als UN-Standort, als Hochburg der IT-Sicherheit stärken?

Eine solche Abmachung ist auch Ziel von CDU, CSU und SPD auf Bundesebene, schwarz auf weiß nachzulesen in ihrem Koalitionsvertrag. Seit Monaten bereitet sich deshalb eine hochrangige Arbeitsgruppe um den Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan auf Verhandlungen mit Berlin vor, an denen auch das Kanzleramt beteiligt sein wird. Von einem irrlichternden Innenminister Seehofer darf und wird sich die Region nicht irritieren lassen.

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