Syrien-Einsatz der Bundeswehr In gefährlicher Mission

Köln/Wahn · Der Einsatzbefehl kommt zu einem sensiblen Zeitpunkt: Vorweihnachtszeit. In zwei Wochen ist Heiligabend. Aber die Soldaten und Mitarbeiter des Stützpunkts der Flugbereitschaft der Bundeswehr in Köln-Wahn hatten in der vergangenen Woche wenig Zeit für besinnliche Gedanken.

 Auf dem Weg nach Incirlik: Soldaten der Bundeswehr vor dem zum Tankflugzeug umgebauten Airbus A310 MRTT.

Auf dem Weg nach Incirlik: Soldaten der Bundeswehr vor dem zum Tankflugzeug umgebauten Airbus A310 MRTT.

Foto: dpa

Seit der Bundestag am Freitag der Vorwoche grünes Licht für den Einsatz der Bundeswehr gegen die Terrormiliz Islamischer Staat gab, arbeiten die Soldaten des Stützpunkts der Bundeswehr-Flugbereitschaft mit Hochdruck daran, Material und Menschen vorzubereiten auf die Syrien-Mission.

An diesem Morgen geht es los. Von Wahn aus startet am Vormittag ein Airbus A310 der Luftwaffe, der für die Luftbetankung ausgerüstet ist. Parallel hebt auf dem Fliegerhorst Jagel in Schleswig-Holstein ein Vorauskommando von 40 Soldaten mit acht Paletten Kommunikationstechnik und Gerätschaften für die Basis in Incirlik ab.

Der aus Wahn kommende Lufttanker macht später seinerseits in Jagel Station, um zwei der Tornado-Aufklärungs-Kampfflugzeuge abzuholen, die für die Verbündeten Stützpunkte der Terrormiliz IS auskundschaften sollen. Auf dem Flug nach Incirlik müssen die Kampfjets mindestens einmal in der Luft betankt werden. Anfang Januar sollen die Aufklärungsflüge von insgesamt sechs Bundeswehr-Tornados starten.

"Es war uns bewusst, dass es uns als Erste treffen könnte", sagt Major Martin D. Um die Soldaten und ihre Familien zu schützen, will die Bundeswehr die vollen Namen nicht genannt wissen. Der Major, der sich selbst als "Tankwart der Lüfte" bezeichnet, offiziell aber Luftbetankungsoffizier genannt wird, kontrolliert die Treibstoffaufnahme der Kampfflugzeuge in der Luft.

Das ist der Einsatzzweck des Bundeswehr-Airbus A310 MRTT "Multi-Role-Transport-Tanker" im Rahmen der Syrien-Mission: die deutschen Tornados und Kampfflieger der Verbündeten im Flug mit Sprit zu versorgen. So müssen die Maschinen nicht für jeden Tankstopp landen, die Einsatzzeiten und -reichweiten erhöhen sich.

Martin D. gibt zu, mit einem "ungewissen Gefühl" in den Einsatz zu gehen. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) selbst hatte angekündigt, den deutschen Soldaten stehe ein gefährlicher, "harter Einsatz" bevor, man solle sich in dieser Beziehung "keiner Illusion hingeben". Der Luftbetankungsoffizier meint, die Risiken seien "bestimmt gegeben", aber "überschaubar".

Die Betankung der Kampfflugzeuge wird außerhalb möglicher Kampfzonen durchgeführt, ohne Bedrohung zum Beispiel durch feindliche Luftabwehrraketen. "Aber es kann immer etwas passieren, ein Restrisiko ist immer vorhanden", meint der Major. Die Anspannung ist den Soldaten, die an diesem Morgen wie Major D. in den Einsatz verabschiedet werden, an den Gesichtern abzulesen. Die Abwesenheit von Familie und Freunden über die emotional aufgeladene Weihnachtszeit beschäftigt die Soldaten. Das geben sie im Gespräch ohne Umschweife zu, auch wenn im Nachsatz immer die professionelle Einstellung und der Vorrang des Einsatzes vor persönlichen Belangen betont wird.

Die Soldaten seien "etwas angespannt", berichtet Oberst Stefan N., Kommandeur der Flugbereitschaft in Wahn. Auch für den Bonner, der selbst schon im Auslandseinsatz in Afghanistan war, hat die Syrien-Mission eine "andere Qualität", auch wegen der "außergewöhnlichen Dauer" von - vorerst - einem Jahr. Die Soldaten müssten sich vielen Fragen stellen zum Einsatz, sie seien "nachdenklich, aber hochmotiviert". Auch für den Oberst ist Weihnachten ein wichtiges Thema. Den nach Incirlik abfliegenden Soldaten verspricht er die "bestmögliche Unterstützung" der Familien in Deutschland.

Dass dieser Einsatz keine Routineveranstaltung, kein Manöver ist, zeigt sich dadurch, dass das kleine Kommando von Brigadegeneral Günter Katz nach Incirlik verabschiedet wird. Der Luftwaffen-Kommandeur, selbst Jagdflieger, hat für diesen Zweck auf Orden und Ausgehuniform verzichtet. Im olivfarbenen Overall und ohne Kopfbedeckung tritt Katz vor die Soldaten. In einer kurzen Rede erwähnt er die "besondere Brutalität" der IS-Terroristen, die Anschläge von Paris und dass der Einsatz "nicht ungefährlich" werde. 58 Prozent der Deutschen, zitiert der General aus einer Umfrage, stünden hinter dem Syrien-Einsatz der Bundeswehr. Jedem Angehörigen des Kommandos schüttelt er die Hand, wechselt einige Worte. "Der Einsatz ist gefährlich, aber Soldaten und Besatzungen sind gut vorbereitet", sagt Katz später. "Mir war es wichtig, mich persönlich zu verabschieden."

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