Kommentar zum Streit in der Union Im Rückspiegel

Meinung | Bonn · Der ehemalige CSU-Chef Edmund Stoiber sieht die Unionsparteien in der größten inhaltlichen Auseinandersetzung in ihrer Geschichte. Wer das als bloßes Zündeln begreift, irrt.

 Der CSU-Politiker Edmund Stoiber hat sich in den letzten Monaten zu einem der schärfsten Kritiker Angela Merkels entwickelt.

Der CSU-Politiker Edmund Stoiber hat sich in den letzten Monaten zu einem der schärfsten Kritiker Angela Merkels entwickelt.

Foto: dpa

Alte Herren haben nicht allein Unrecht, weil sie nicht loslassen können. Aber das Gegenteil gilt eben auch: Nur weil sie so viel Erfahrung haben wie zum Beispiel Edmund Stoiber, müssen sie nicht über die richtigen Rezepte verfügen. Einen Monat vor dem Unionsgipfel, der – wieder einmal – alles klären soll, legt der frühere CSU-Vorsitzende im Streit mit der Schwesterpartei und mit Oberschwester Angela Merkel nach. Wer das als bloßes Zündeln begreift, irrt gewaltig. Stoiber meint, was er sagt, wenn er die aktuelle Krise die größte inhaltliche Auseinandersetzung in der Geschichte der Unionsparteien nennt. Und er weiß dabei größte Teile der CSU hinter sich, den aktuellen Vorsitzenden Horst Seehofer sowieso.

Vom üblichen Verbalradikalismus abgesehen, sagt Stoiber etwas, was auch in der SPD Anhänger findet: Im Gerangel um die Mitte hätten beiden Parteien den Blick zur Seite – die SPD den nach links, die Union den nach rechts – vernachlässigt und sich deshalb die dramatischen Einbußen in der Wählergunst selbst zuzuschreiben. Früher liebäugelte die Union mit der absoluten Mehrheit (die CSU tut das heute noch), heute reicht es dazu nur noch in der sogenannten großen Koalition. Früher sicherte die Union das Wählerpotenzial rechts von der Mitte, heute schaut die CDU mit Merkel nach links und stellt sogar Straußens Lehrsatz, dass es rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe, in Frage.

Das ist Stoff nicht nur für einen Gipfel. Das ist die spannendste Entwicklungsfrage für die deutschen Parteien seit Gründung der Bundesrepublik.

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