Studie Hilfslehrer aus Fluchtländern könnten Integration verbessern

Berlin · Hunderttausende Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien gehen auf deutsche Schulen - eine Herkulesaufgabe für das Bildungssystem. Können Geflüchtete mit Pädagogik-Kenntnissen helfen, diese Schüler besser zu integrieren? Eine Studie spielt das durch.

 Hilfslehrer mit eigener Fluchtgeschichte könnten einer Studie zufolge geflüchteten Kindern eine große Hilfe in der Schule sein.

Hilfslehrer mit eigener Fluchtgeschichte könnten einer Studie zufolge geflüchteten Kindern eine große Hilfe in der Schule sein.

Foto: Monika Skolimowska/Symbol

Hilfslehrer mit eigener Fluchtgeschichte würden beim Schulunterricht für Flüchtlingskinder die Bildungsintegration in Deutschland nach einer neuen Studie erheblich verbessern.

Ein entsprechendes Programm für pädagogische "Assistenzkräfte" in dreistelliger Millionenhöhe könnten Länder und Kommunen allerdings nicht allein stemmen, betonte die Bertelsmann-Stiftung. "Der Bund muss hier tätig werden, nicht nur mit einem einmaligen Programm, sondern mit einer durchgehenden Finanzierung."

Wie die Gütersloher Stiftung unter Berufung auf eine aktuelle Untersuchung des Beratungsunternehmens Prognos mitteilte, wäre ein Verhältnis 1 zu 80 zwischen Assistenzkräften und geflüchteten Schülern sinnvoll. Damit ergäbe sich ein aktueller Stellenbedarf von bundesweit knapp 3500 Vollzeitstellen: 1378 in der Primarstufe, 1255 in der Sekundarstufe I und 835 in der Sekundarstufe II.

Der Studie zufolge würden die einmaligen Kosten der Qualifizierung solcher Hilfslehrer bundesweit etwa 31 Millionen Euro betragen. Die jährlichen Investitionen lägen zwischen 145 Millionen Euro bei freien Trägern und 165 Millionen Euro bei kommunalen Trägern im öffentlichen Dienst. Dieses Geld würde sich aber gleich doppelt lohnen - "für die geflüchteten Schüler im Sinne besserer Bildungsintegration und für die geflüchteten Pädagogen im Sinne erfolgreicher Arbeitsmarktintegration", so die Bertelsmann-Stiftung.

Nach den Zahlen der Studie wurden 2015/16 für knapp 400 000 Kinder und Jugendliche in Deutschland Asylanträge gestellt. "Die Länder haben in einem beeindruckenden Kraftakt bisher schätzungsweise 15 000 Stellen für einheimische Lehrkräfte, insbesondere für die Sprachförderung, eingerichtet", lobte die Stiftung.

Die Ressourcen geflüchteter Pädagogen seien aber bisher ungenutzt geblieben - dabei könnten sie "dem sich abzeichnenden Lehrermangel entgegenwirken". Solche Assistenzkräfte sprächen zudem die Herkunftssprachen der geflüchteten Schüler und Eltern, und sie könnten aufgrund ihrer eigenen Migrations- und Integrationserfahrungen Orientierung geben.

Die Bertelsmann-Stiftung verwies auf erste Initiativen von Universitäten wie das "Refugee Teachers Program" in Potsdam oder die Initiative "Lehrkräfte Plus" in Bielefeld. Derzeit seien "die sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen für ausländische Lehrkräfte im Blick auf eine "vollwertig" anerkannte Lehrtätigkeit in deutschen Schulen hoch" - doch immerhin könnten Geflüchtete mit pädagogischen Vorkenntnissen "eine wichtige Rolle als Assistenzkräfte spielen".

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) signalisierte grundsätzlich Sympathie für den Vorstoß: "Geflüchteten Pädagoginnen und Pädagogen den Weg in das deutsche Schulsystem zu ebnen, zielt in die richtige Richtung", sagte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. "Der Assistenzstatus kann aber nicht das Ziel bei der Integration von Pädagoginnen und Pädagogen mit Flüchtlingshintergrund bleiben. Eine Zweiklassengesellschaft zwischen Lehrkräften mit unterschiedlicher Herkunft darf kein Dauerzustand sein." Die Politik müsse "hier nachhaltige Anstrengungen unternehmen und diesen Menschen eine klare Perspektive der Integration als vollwertige Kräfte aufzeigen".

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