Kommentar zur Arbeitslosigkeit Hartz IV versachlichen

Meinung | Berlin · Die Solidargemeinschaft der Steuer- und Abgabenzahler darf erwarten, dass sich Arbeitslose aktiv um einen neuen Job bemühen. Wer das nicht tut, muss auch weiterhin Konsequenzen spüren, kommentiert Eva Quadbeck.

 Die SPD will Hartz IV loswerden.

Die SPD will Hartz IV loswerden.

Foto: dpa

Die SPD will endlich den Klotz am Bein namens Hartz IV loswerden. Viele Sozialdemokraten nehmen den einst durch den VW-Manager Peter Hartz geprägten Begriff schon nicht mehr in den Mund. Der Versuch, die Bezeichnung Hartz IV loszuwerden, ist nachvollziehbar. Knapp 15 Jahre nach der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe steht Hartz IV symbolisch für eine bildungsferne, vom gesellschaftlichen Leben abgekoppelte Bevölkerungsschicht. Der Begriff steht auch für den Absturz der SPD von der Mehrheitspartei auf unter 20 Prozent. Zudem muss es rückblickend als Kommunikationsdesaster betrach-tet werden, dass sich der bürokratische Begriff Hartz IV für die wichtigste Sozialreform des Jahrzehnts durchsetzen konnte.

Bei dem Versuch, Hartz IV vergessen zu machen, können die neue Bundesregierung und ihr neuer Arbeitsminister nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Langzeitarbeitslosigkeit tatsächlich spürbar und dauerhaft zu reduzieren. Wie schwierig dieses Vorhaben ist, zeigt die Arbeitsmarktentwicklung der vergangenen Jahre. Trotz wachsenden Fachkräftemangels und sehr guter Konjunktur ist es nicht gelungen, die Zahl der Langzeitarbeitslosen spürbar zu senken. Dafür gibt es viele Gründe.

Eine Reihe davon liegen bei den Betroffenen selbst, die nach Jahren der Erwerbslosigkeit oft nicht mehr in der Lage sind, einem geregelten Tag nachzugehen, denen es für viele Jobs an der notwendigen Qualifikation mangelt oder die vielfach an Drogenproblemen und anderen gesundheitlichen Einschränkungen leiden. Manchmal fehlt der alleinerziehenden Mutter auch nur die Kinderbetreuung – dieses Problem ließe sich noch am leichtesten beheben. Aber auch die Bundesagentur für Arbeit trägt Mitschuld an der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit.

Ihre bisherigen Angebote und Auflagen für Fort- und Weiterbildung der Erwerbslosen waren oft nicht zielführend und zu wenig individuell. In diesem Bereich muss die Behörde besser werden. Es bedeutet also das Bohren eines sehr dicken Brettes, die Langzeitarbeitslosigkeit effektiv zu senken. Nur mit einer solchen nüchternen fachpolitischen Herangehensweise an das Thema Hartz IV kann die immer wieder emotional hochkochende Debatte beendet werden.

Die Langzeitarbeitslosigkeit kann gesenkt und der Begriff Hartz IV kann ersetzt werden. Aber das Prinzip, das sich mit dem Hartz-IV-System verbindet, kann und darf nicht abgeschafft werden: Wer einer geregelten Arbeit in Vollzeit nachgeht, muss am Ende des Monats mehr Geld haben als diejenigen, die nicht arbeiten. Das Lohnabstandsgebot ist ein Beitrag zum sozialen Frieden im Land. Zudem darf die Solidargemeinschaft der Steuer- und Abgabenzahler erwarten, dass sich Arbeitslose aktiv um einen neuen Job bemühen. Wer das nicht tut, muss auch weiterhin Konsequenzen spüren.

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