Gesundheitsfonds Halbe Milliarde Euro versickert

Berlin · Aus dem zentralen Gesundheitsfonds ist eine halbe Milliarde Euro versickert. Die Bundestagsabgeordneten Karin Maag und Michael Hennrich fordern nun eine Aufklärung.

 Soll aufklären: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

Soll aufklären: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

Foto: dpa

Seit sieben Jahren besteht in Deutschland ein zentraler Gesundheitsfonds, in dem Kassenbeiträge und Steuermittel gesammelt werden und aus dem sie an die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) verteilt werden. Aus diesem Fonds ist rund eine halbe Milliarde Euro spurlos versickert. Aufgefallen ist das den Gesundheitspolitikern und CDU-Bundestagsabgeordneten Karin Maag und Michael Hennrich. In einem Schreiben an Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), das unserer Zeitung vorliegt, verlangen sie Aufklärung.

Das ist der erstaunliche Sachverhalt: 198,266 Milliarden Euro betrug die Gesamtausschüttung aus dem Fonds an die Kassen für 2015. Nach Angaben des Bundesversicherungsamtes wurde der Betrag in zwölf Raten an die Krankenkassen ausgezahlt. Aus einer Erklärung des Ministeriums vom 7. März 2016 mit dem Titel „Vorläufige Finanzergebnisse der GKV 2015“ geht aber hervor, dass die Kassen insgesamt nur 197,951 Milliarden Euro für den genannten Zeitraum gebucht haben. Die Abgeordneten haben sich tief ins Klein-Klein der Buchungen begeben. Unter der Berücksichtigung von millionenschweren Korrekturbuchungen und Verpflichtungen der GKV kommen sie zu folgendem Ergebnis: „Es verbleiben 503 Millionen Euro, die den Kassen zugewiesen wurden, sich aber nicht in den leistungs- oder sonstigen Ausgaben der Kassen widerspiegeln.“

Maag und Hennrich wollen nun vom Minister wissen, wie sich diese „Differenz von 503 Millionen Euro erklären lässt, die trotz Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds keinen Ausweis“ in den Zahlen der GKV finde. Zudem wird danach gefragt, welche Möglichkeiten die Kassen hätten, „Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds, die nicht für Leistungs-, Verwaltungs- oder Satzungsleistungen ausgegeben werden, anderweitig zu verbuchen“.

Das Thema führt tief in den Verteilungskampf zwischen den Kassen. Seit 2009 gilt in der GKV ein einheitlicher Beitragssatz. Die Beiträge fließen mit Steuermitteln in den Gesundheitsfonds. Die Kassen erhalten daraus eine Grundpauschale pro Versichertem. Dazu kommt ein Ausgleich für Kassen nach Alters- und Risikostruktur der Versicherten. Dieser komplizierte Strukturausgleich ist der Platz endloser Rivalitäten zwischen den Kassen. Womöglich liegt hier der Grund für das Problem der verschwundenen halben Milliarde.

Die Kassen müssten die Lücke aufklären, fordert Karin Maag, „um den bösen Anschein zu verhindern, dass sich einige Kassen bewusst arm rechnen“. Ihr Kollege Michael Hennrich wird deutlicher. Er sieht die „buchungstechnischen Merkwürdigkeiten“ als Hinweis, „dass einige Kassen aus dem Norden und Osten mit noch immer hohen Vermögenswerten“ ihre vergleichsweise gute finanzielle Ausstattung „womöglich verschleiern“. Ein deutlicher Fingerzeig auf einige gut betuchte AOKs. Hintergrund wären dann genau diese Verteilungskämpfe um den Risikostrukturausgleich.

Noch ist unklar, ob die Kassen sich arm rechnen oder der Fonds weniger ausschüttet als ausgewiesen. Die Unklarheiten haben die Branche verstört. „Die Differenz von einer halben Milliarde Euro zum Nachteil der GKV muss dringlich geklärt und den monatlichen Zuweisungen aus dem Fonds an die Kassen in einem transparenten Verfahren zugerechnet werden“, fordert Franz Knieps, Vorstand des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort